Der Erste Weltkrieg in Kinder- und Jugendbüchern

14.10.2014

Der Erste Weltkrieg in Kinder- und Jugendbüchern

Oldenburg. Zur diesjährigen Kinder- und Jugendbuchmesse KIBUM gibt es wieder eine Begleitausstellung und Vorträge der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Die Ausstellung trägt den Titel „Das Kinderbuch erklärt den Krieg. Der Erste Weltkrieg in Kinder- und Jugendbüchern“ und wird am 16. November um 11.15 Uhr in der Artothek Oldenburg, Peterstraße 1, eröffnet. Zu sehen ist sie bis zum 25. November täglich von 10 bis 18 Uhr. Zur Eröffnung spricht die Kommissarische Präsidentin der Universität, Prof. Dr. Katharina Al-Shamery.

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem „Krieg im Kinderbuch“ ist gegenwärtig eines der zentralen Forschungsthemen im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur. Ziel der Ausstellung ist es, die ideologische Kriegsvorbereitung durch das Kinderbuch deutlich zu machen, die das Denken ganzer Generationen beeinflusst hat. Deshalb beschränkt sich die Ausstellung nicht allein auf Kinder- und Jugendbücher aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, sondern bezieht auch Vorläufer mit militaristischen und nationalistischen Darstellungen seit 1870 ein und zeigt die Fortsetzung von Kriegsverherrlichung und Nationalismus in Büchern der Weimarer Republik bis zum Beginn des Nationalsozialismus. Zugleich weist die Ausstellung aber auch auf Gegentendenzen hin und  präsentiert einige Bücher, die, sogar mitten im Krieg, zu Nächstenliebe, Toleranz und Völkerverständigung aufrufen. Ein Kapitel der Ausstellung ist dem Pazifismus im Kinderbuch gewidmet. Die Ausstellung stellt charakteristische Beispiele aus Deutschland und Österreich vor, ergänzt durch Kinderbücher aus Großbritannien, Frankreich, Russland und Italien. Damit zeigt sie die europäische Dimension der Kriegspropaganda und veranschaulicht zugleich die Spezifika in den einzelnen Ländern. Neben circa 120 Büchern sind auch Bilderbogen, Illustrationen und zeitgenössische Spiele zu sehen. Es handelt sich um eine Ausstellung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz im Rahmen des föderalen Programms der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Kooperation mit dem Kinderbuchmuseum Troisdorf.

Der Eintritt ist frei. Führungen durch die Ausstellung sind nach Anmeldung unter Telefon 0441 798-4565 möglich.

Drei Vorträge bilden das Rahmenprogramm zur Ausstellung:

Den Eröffnungsvortrag hält Carola Pohlmann, Leiterin der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Unter dem Titel „Werdet Helden!“ spricht sie am Sonntag, 16. November, 11.15 Uhr, in der Kinderbibliothek, Peterstraße 1.

„Werdet Helden!“ – Diesen Titel gab der Wiener Philosoph und Pädagoge Wilhelm Börner (1882–1951) seiner 1916 erschienenen Broschüre. Allerdings ist hier nicht der patriotische Einsatz für das Vaterland gemeint, sondern es wird eine völlig unmilitärische Art des Heldentums propagiert. Börner fordert in seinem offenen Brief die Kinder dazu auf, durch Pflichterfüllung, Höflichkeit, Aufrichtigkeit und Selbstbeherrschung „Helden des Alltags“, „Helden der Liebe“ und „Helden des Friedens“ zu werden. Auch wenn die weitaus größere Zahl der Publikationen im Ersten Weltkrieg kriegsbejahend und hurrapatriotisch war, so gibt es doch auch Kinder- und Jugendbücher, in denen offen oder zwischen den Zeilen für Toleranz und Friedensliebe geworben wird. Im Vortrag werden Beispiele solcher Publikationen aus Frankreich, Deutschland, Österreich und Großbritannien vorgestellt.

Prof. Dr. Friedrich C. Heller, Musikwissenschaftler, Kinderbuchsammler und -forscher aus Wien, spricht am Dienstag, 18. November, 19 Uhr, in der Kinderbibliothek, Peterstraße 1. Der Titel des Vortrags lautet „Krieg und Ästhetik im österreichischen Kinderbuch 1914-1918“.

Während der Zeit des Ersten Weltkriegs erschienen in Österreich-Ungarn weitaus weniger kriegsbezogene Kinderbücher als in Deutschland. Das hat mit der Situation des Verlagswesens und des Büchermarkts in Österreich zu tun. Nicht zu übersehen ist jedoch eine Tendenz, viele Kinderbücher besonders sorgfältig und buchkünstlerisch zu gestalten – ein Vorhaben, das im Widerspruch zur wachsenden wirtschaftlichen Notsituation  zu stehen scheint. Das hat möglicherweise mit der grundsätzlichen Bedeutung der modernen Buchkunst in Österreich zu tun, die selbst in der schwierigen Phase des Weltkriegs noch ihre Wirkungen entfaltete. Dabei spielte aber auch eine Rolle, dass das moderne Kriegsgeschehen als „nicht mehr darstellbar“ galt.

Sigrun Putjenter, Fachreferentin der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, spricht am Donnerstag, 20. November, 19 Uhr, in der Kinderbibliothek, Peterstraße 1. Der Titel des Vortrags lautet „Lustige Kriegsbilderbogen. Über die Peripetie in der Geschichte eines traditionsreichen Druckmediums“.

Der Stern der seit dem späten 18. Jahrhundert beliebten, billigen Einblattdrucke hatte bereits zu sinken begonnen, da bescherte die anfängliche Kriegsbegeisterung dem Bilderbogen in seiner Form als „Kriegsbilderbogen“ einen letzten fulminanten Popularitätszuwachs, bevor er endgültig vom Markt verdrängt wurde. Dieser letzte Höhepunkt wird anhand vielfältiger Beispiele des seltenen und oftmals unbekannten Materials illustriert.