Jüdisches Leben in Oldenburg

Bundesweit 1.700 Flaggen zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

Oldenburg hisst Flaggen für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus

Seit dem Wochenende 11./12. Dezember 2021 wehen vor dem Kulturzentrum PFL in der Peterstraße die Flaggen, mit denen sich die Stadt Oldenburg an der Aktion des Vereins „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.” beteiligt, um ein Zeichen für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus zu setzen.

Der Zeitpunkt ist bewusst gewählt. Er bezieht sich auf den 11. Dezember, den Tag, an dem im Jahr 321 der römische Kaiser Konstantin ein Edikt erlässt, dass jüdische Menschen städtische Ämter in der Kurie, der Stadtverwaltung Kölns, bekleiden dürfen und sollen. Dieses Edikt ist der eindeutige Beleg dafür, dass jüdische Gemeinden bereits seit der Spätantike wichtiger integrativer Bestandteil der europäischen Kultur sind. Eine frühmittelalterliche Handschrift dieses Dokuments befindet sich heute im Vatikan und ist Zeugnis der mehr als 1700 Jahre alten jüdischen Geschichte in Deutschland und Europa.

Im Mittelpunkt des Festjahres # 2 0 2 1 J L I D stand, gemeinsam mit Projektpartnerinnen und Projektpartnern das jüdische Leben heute und seiner 1700-jährigen Geschichte im heutigen Deutschland sichtbar und erlebbar zu machen. Dazu wurden bundesweit vielfältige Veranstaltungen aus den Bereichen Kunst und Kultur, kulturelle und politische Bildung, Zivilgesellschaft sowie Religion, Tradition und Wissenschaft organisiert und durchgeführt.

Die Stadt Oldenburg hat sich mit der Ausstellung „Le’Chaim! Jüdisches Leben in Oldenburg. #1700JahreJüdischesLebenInDeutschland“ an dem Festjahr beteiligt. Diese Ausstellung war ein gemeinsames Projekt des Kulturbüros der Stadt, dem Oldenburger Stadtmuseum, den Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, dem Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte sowie den Jüdischen Studien an der Carl von Ossietzky Universität. Zu sehen war sie vom 30. Mai bis zum 1. August 2021 im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg.

Le’Chaim! – Jüdisches Leben in Oldenburg #1700JahreJüdischesLebenInDeutschland

2021 blicken wir auf 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland zurück. Ein Anlass sich zu vergegenwärtigen, welch lange und wertvolle Tradition jüdischer Kultur es in diesem Land gibt. Die in Oldenburg organisierte Ausstellung „Le'Chaim! Jüdisches Leben in Oldenburg #1700JahreJüdischesLebenInDeutschland“ findet im Rahmen des von dem Kölner Verein „321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ organisierten Festjahres #2021JLID statt, dessen Schirmherrschaft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernommen hat. Gegründet hat sich der Verein 2018 mit dem Ziel, jüdisches Leben in Deutschland sichtbar zu machen und dem erstarkenden Antisemitismus entgegenzutreten. Bürgerinnen und Bürger in den Städten und Gemeinden der Bundesrepublik wurden aufgefordert, sich mit Projekten an diesem Jubiläumsjahr zu beteiligen. Finanziell gefördert wird das Programm durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Das Kulturbüro der Stadt Oldenburg, die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg, das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und die Carl von Ossietzky Universität haben eine Ausstellung vorbereitet, die vom 30. Mai bis zum 1. August 2021 im Oldenburger Schloss zu sehen war.

Die Ausstellung

Die Ausstellung vermittelte keinen chronologischen Überblick über die Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Stadt, sondern setzt thematische Schwerpunkte und rückt besondere Aspekte in den Fokus.

Der Familie Adolf de Beer ist ein großer Bereich gewidmet worden, um beispielhaft zu zeigen, dass die Jüdinnen und Juden Teil der Oldenburger Stadtgesellschaft waren, respektiert wurden und Freundschaften mit Oldenburger Bürgerinnen und Bürgern pflegten, und letztlich dennoch auf unvorstellbare Weise ausgegrenzt, deportiert und ermordet wurden. Diese Familiengeschichte umspannt die Zeit vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Machtübernahme der Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten – in Oldenburg bereits 1932 – und zur Rückkehr einiger Familienmitglieder aus der Emigration nach Oldenburg in der Nachkriegszeit.

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg e. V. gründete sich im Januar 1962 und setzte die Arbeit fort, mit der Adolf de Beer nach dem Krieg begonnen hatte, als er die Geschäfte der neugegründeten jüdischen Gemeinde in Oldenburg übernahm. Überlebende des Nationalsozialismus und aus der Emigration Zurückgekehrte waren die ersten Mitglieder einer kleinen Gruppe von Jüdinnen und Juden, die bis 1965 stetig kleiner wurde, so dass die erste jüdische Gemeinde Oldenburgs nach dem Krieg letztlich im Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen aufging. Bis zur Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg im August 1992 nahm sich die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg e.V. der Aufgabe an, die Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Christinnen und Christen und Jüdinnen und Juden zu thematisieren. Mit finanziellem und ideellem Beistand unterstützte sie die Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg und setzt sich bis heute entschieden für das jüdische Leben in Oldenburg ein.

Auch die Stadt unterstützte die neue Jüdische Gemeinde zu Oldenburg und baute eine ehemalige Baptistenkapelle von 1867 nach den Anforderungen der Jüdischen Gemeinde zu einem Synagogengebäude um. Im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit ist die neue Synagoge am 5. März 1995 feierlich der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg übergeben worden. Ein Gemeindeaus neben der Synagoge folgte im Jahr 2001 und ein Anbau für die Mikwe 2002.

Heute ist die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg ein wichtiger und selbstverständlicher Teil der Stadtgesellschaft. Die Ausstellung präsentierte verschiedene Objekte aus dem Besitz der Gemeinde, anhand derer ein Zugang zur jüdischen Liturgie ermöglicht und der historische Ursprung sowie die Bedeutung von Schabbat und den wesentlichen jüdischen Festen erklärt wurde.

Video-Portraits

Drei eigens für die Ausstellung produzierte Video-Portraits bereicherten die Ausstellung durch persönliche Endrücke: Jugendliche aus der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg erzählten darüber, welche Rolle der jüdische Glauben für sie spielt und was ihnen die Synagoge sowie das Gemeindehaus als Ort ihrer Gemeinschaft bedeuten. Lebhaft und mit großer Freude erklärten sie, wie und in welchem religiösen Zusammenhang die liturgischen Gegenstände genutzt werden. Die Rabbinerin Alina Treiger lässt die Zuschauerinnen und Zuschauer teilhaben an ihren Aufgaben und ihrer Funktion für die jüdische Gemeinde und sie erzählte von ihrer Ausbildung und Rolle als weiblicher Rabbiner. Ein Portrait ist der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg e. V. gewidmet. Es zeigt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg und die Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg im intensiven Gespräch über das jüdische Leben in der Stadt früher und heute und über ihre freundschaftlichen Beziehungen zueinander.

Erweitert wurde die Ausstellung der jüdischen Geschichte Oldenburgs durch einen historischen Überblick über 1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland. Namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Texte beigetragen zu unterschiedlichen Themen wie Jüdinnen und Juden in der Spätantike, im Mittelalter oder der Frühen Neuzeit, in Kaiserreich und Weimarer Republik oder zum Neubeginn nach 1945 und zur Emanzipation.

Eine Gruppe von Studierenden an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg hat ebenfalls zu verschiedenen Themenfeldern des jüdischen Lebens in Oldenburg gearbeitet. Auch die Ergebnisse ihres Seminars „Einführung in das Judentum“ wurden in der Ausstellung gezeigt.

Programm der Vortragsreihe » (PDF, 2,3 MB)

Zuletzt geändert am 2. November 2023