Oldenburg. Seit zweieinhalb Wochen darf das Horst-Janssen-Museum wieder Gäste empfangen. „Unser Publikum muss seinen Besuch zwar vorher anmelden, aber das Angebot wird gut angenommen und es ist uns eine große Freude, nun endlich unser lange geplantes Ausstellungsprogramm für 2021 vorzustellen“, sagt Museumsleiterin Dr. Jutta Moster-Hoos. „Zunächst sind wir dankbar, dass wir unsere Jubiläumsausstellung ‚Das kann nur Zeichnung!‘ bis zum 2. Mai verlängern konnten.“ Diese Schau zum 20-jährigen Bestehen des Museums feiert die Zeichnung als Kulturtechnik des Menschen und schafft etwas sehr Ungewöhnliches: nämlich das Nebeneinander von Künstler- und Kinderzeichnungen, von 400 Jahre alten Handschriften und neuesten Pinterestproduktionen, von architektonischen Geniestreichen und IKEA-Aufbauanleitungen. „Eine programmatische Ausstellung für unser Haus, auf die wir sehr stolz sind“, so Moster-Hoos.
Ab Mitte Mai stellt das Museum eine virtuose Künstlerin des Jugendstils vor: „Ilna Ewers-Wunderwald hat wunderbare Zeichnungen exotischer Tiere, fantastischer Pflanzen und skurriler Fabelwesen geschaffen. Allerdings hat sie sich bereits in den 1920er Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wir holen ihr Werk in der bisher größten Einzelausstellung ans Licht“, gibt die Kuratorin Antje Tietken einen Ausblick auf die weitere Ausstellungsplanung. Im September werden sich dann unter dem Titel „Janssen ANIMIERT“ fünf Zeichnerinnen und Zeichner der nächsten Generation mit Horst Janssen und seiner Kunst auseinandersetzen. „Wir sind sehr gespannt auf die individuellen Ideen, wie Janssens analoger Kosmos digital in Bewegung versetzt wird“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Sabine Siebel.
Ebenfalls im September stellt das Museum für Zeichnung ausnahmsweise einen Fotografen vor: Tim Bruening fotografiert für Galerien, Billboards, Plattencover und internationale Magazine und begleitet seit Jahren das Oldenburger Filmfestival und seine Gäste mit der Kamera. „Die dabei entstandenen besonderen fotografischen Momente und Einblicke zeigen wir in den Wochen rund ums Filmfest“, berichtet Museumsleiterin Moster-Hoos. Mit einer großen Ausstellung von Nanne Meyer endet schließlich das Ausstellungsjahr im Horst-Janssen-Museum. „Nanne Meyer steht wie keine zweite Künstlerin für Einfallsreichtum, Originalität und Klugheit in der Zeichenkunst“, erläutert Moster-Hoos. In ihrer neuen Ausstellung „Unerforschtes Gebiet“ geht es um die Verortung des Ichs in den Weiten des Universums. ‚Freier Fall‘, ‚Ränder der Welt‘ oder ‚Quantenschaum‘ lauten die Titel ihre Werke, die sie mit Blei- und Farbstift, Wachs- und Ölkreide, aber auch Pastell, Gouache und Kugelschreiber zeichnet.
Normalerweise werden die Ausstellungen im Horst-Janssen-Museum von einem umfangreichen Programm aus Führungen und Workshops begleitet. Da diese aufgrund der Corona-Einschränkungen zurzeit nicht stattfinden können, hat das Vermittlungsteam des Museums alternative Angebote entwickelt: Unter dem Motto „Bei Anruf Kunst!“ finden Telefonführungen zu verschiedenen Themen und Ausstellungen statt. Vorab gibt es das Bildmaterial per Post nach Hause und in geselliger Gesprächsrunde führt dann die Kunstvermittlerin Geraldine Dudek per Telefonkonferenz durch das Thema. Als weitere Corona-konforme Formate bietet das Vermittlungsteam nun auch Online-Zeichen-Workshops und digitale Sonntagsdialoge zu den Sonderausstellungen an, die via Videokonferenz (mit der Software GoToMeeting) durchgeführt werden.
Und hier alle Ausstellungen 2021 im Detail:
Rebellin des Jugendstils: Ilna Ewers-Wunderwald
21. Mai bis 29. August 2021
Das Horst-Janssen-Museum feiert in diesem Jahr die Wiederentdeckung einer faszinierenden Künstlerin des Jugendstils: Ilna Ewers-Wunderwald (1875 bis1957). Hochgelobt zu Beginn ihres Schaffens, zog sich die virtuose Zeichnerin, Illustratorin, Kabarettistin, Übersetzerin und Gestalterin von Möbeln und avantgardistischer Frauenmode bereits in den 1920er Jahren aus der Öffentlichkeit zurück. Ihr Werk geriet in Vergessenheit. Das Horst-Janssen-Museum holt es mit dieser Ausstellung zurück ans Licht.
Ewers-Wunderwald bewegt sich zwischen Jugendstil und Symbolismus, ihr Umgang mit der Farbe ist meisterhaft. Sie arbeitet mit chinesischer Tusche, mit der sie höchst dekorative und detailreiche Darstellungen exotischer Tiere, fantastischer Pflanzen oder skurriler Fabelwesen zeichnet. Das Horst-Janssen-Museum präsentiert rund 100 Werke der Künstlerin Ilna Ewers-Wunderwald, kuratiert von Dr. Sven Brömsel (Berlin).
Janssen ANIMIERT
Bewegte Bilder von Matthias Beckmann, Aline Helmcke, Petra Lottje, Bettina Munk und Norbert Trummer
11. September bis 14. November 2021
Das Horst-Janssen-Museum hat fünf Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland und Österreich eingeladen, sich in digitaler Form mit Horst Janssen und seiner Kunst auseinanderzusetzen. Matthias Beckmann, Alina Helmcke, Bettina Munk, Petra Lottje und Norbert Trummer sind Zeichnerinnen und Zeichner der nächsten Generationen. Fasziniert von Janssens Vielseitigkeit oder kritisch gegenüber seiner ausufernden Produktion, sind sie beeindruckt von einem Künstler, der kompromisslos mit und von der Zeichnung lebte.
Die Ausstellung „Horst Janssen ANIMIERT“ bringt diese kritische Wertschätzung zum Ausdruck. Im zentralen Medium des 21. Jahrhunderts, dem bewegten Bild, werden Facetten von Janssens künstlerischem Werk beleuchtet, zitiert und spielerisch eingesetzt. Vielleicht hätte Horst Janssen als Zeitgenosse heute sein Werk um das Medium der digitalen Animation erweitert; diese Ausstellung würde ihn gewiss auf den Geschmack bringen.
Tim Bruening – Comeback
September 2021
Das Horst-Janssen-Museum ist Fan des Oldenburger Filmfestivals und zeigt im September 2021, rund um das Filmfest, ausgewählte Fotografien von Tim Bruening. Der Fotograf wurde 1983 in Hannover geboren, ist in Oldenburg aufgewachsen und lebt heute zwischen Hamburg, Berlin und Paris. Die Fotografien von Tim Bruening werden nicht nur in Galerien ausgestellt, sie sind auch auf Billboards, in internationalen Magazinen, Künstlerbüchern oder Plattencovern diverser Bands und Musiker abgedruckt. Er arbeitete unter anderen für das Zeit Magazin, den Spiegel oder das Vice Magazine.
In den letzten Jahren ist er den Gästen des Oldenburger Filmfests auf seine unnachahmliche Art fotografisch nahe gekommen. Diese und andere seiner schönsten Aufnahmen aus den letzten Jahren werden im Horst-Janssen-Museum gezeigt. Das „Comeback“ führt Tim Bruening wieder nach Oldenburg, wo alles begann …
Nanne Meyer – Unerforschtes Gebiet
26. November 2021 bis 27. März 2022
Mit Nanne Meyer (* 1953 Hamburg) hat das Horst-Janssen-Museum eine Zeichnerin eingeladen, die sich schon vor vielen Jahren für dieses Medium entschieden hat. Das Medium Zeichnung schränkt sie nicht ein, sondern inspiriert sie – im Gegenteil – zu immer neuen „Weltanschauungen“. Ihre neuesten Arbeiten kreisen um nichts Geringeres als das Universum. In den zum Teil riesigen Formaten und sehr freien Kompositionen geht es um die Frage: Wo bin ich (in der Welt) verortet? Mit Titeln wie „Universum“, „Meteoriten“, „Ränder der Welt“, „Freier Fall“, „Sternenzelt“ und „Quantenschaum“ zeigt die Künstlerin unterschiedlichste Werkgruppen, die eine Ästhetik des Staunens und der Ungewissheit beschwören.
Nanne Meyer zeichnet mit Blei- und Farbstift, Wachs- und Ölkreide, Kugelschreiber, Acryl und Tinte, Pastell, Gouache und Dispersionsfarbe und zeigt, wozu die Zeichnung fähig ist. Die Werke stammen überwiegend aus dem aktuellen und dem vergangenen Jahr und werden auf zwei Etagen des Hauses gezeigt.