Oldenburg. Die gebürtige Teheranerin Farzia Fallah erhält in diesem Jahr den Kompositionspreis für Zeitgenössische Musik der Stadt Oldenburg. Während des Festaktes zur Carl-von-Ossietzky-Preisvergabe am 27. Mai wird ihr eigens für diesen Anlass komponiertes Werk im Kulturzentrum PFL uraufgeführt. Damit vergibt die Stadt bereits zum 17. Mal die an die Preisvergabe gekoppelte und mit 3.000 Euro honorierte Auftragskomposition. Das oh ton-Ensemble wird die Komposition „how unspeakable“ für Klarinette, Trompete, Schlagzeug, Violoncello und Kontrabass in Anwesenheit der Komponistin interpretieren.
Empfohlen wurde Farzia Fallah von einem musikalischen Beirat, dem der Oldenburger Komponist und Musiker Eckart Beinke (oh ton – Förderung aktueller Musik e. V.), Michael Hagemeister (Oldenburgisches Staatsorchester) sowie die Musikwissenschaftlerin Dr. Cornelia Bartsch (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) angehören. Der Beirat hat sich nach Sichtung mehrerer Vorschläge einstimmig für die Komponistin ausgesprochen.
Der Beirat schreibt in seiner Begründung: „Überzeugt hat die Beiratsmitglieder neben dem ungewöhnlichen Werdegang von einer Ingenieurin hin zur studierten Komponistin, deren Werke mittlerweile nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit aufgeführt werden, vor allen Dingen die klangsinnliche und poetische Erfindung des reduzierten Materials ihrer Werke. Farzia Fallah begreift dabei ihre Musik fern von nationalen Musiktraditionen als Resultat verschiedenster kultureller Einflüsse, die sie in ihrer künstlerischen Laufbahn geprägt haben. Die Kompositionen von Farzia Fallah sind auf eine fast eigensinnige Weise von höchster Klangsensibilität und feinsten Nuancen geprägt. Sie fordern ‚Mikrovirtuosität‘ in der Aufführung als auch im Hören, indem sie effektbetonten Äußerlichkeiten und Superlativen genaue Beobachtung und die Wahrnehmung einer inneren Struktur entgegensetzen. Fallah komponiert oft in enger Zusammenarbeit mit den ausführenden Musikerinnen und Musikern: Sie notiert nicht en détail die gewünschten Obertöne und Mehrklänge, sondern lässt die Musikerinnen und Musiker sie selber ‚finden‘. Notwendig sind dafür außerordentliche Feinfühligkeit und Virtuosität, um die minimalen Veränderungen des aktuellen Klangs hörbar werden zu lassen.“
Farzia Fallah wurde 1980 in Teheran geboren. Als Tochter einer Lehrerin und eines Dichters kam sie früh mit persischer als auch mit europäischer Literatur und Musik in Kontakt. Nach einem abgeschlossenen Studium in „Electronics and Signal Processing“ in Teheran und intensiven Klavierstudien bei der Pianistin Farimah Ghavam-Sadri widmete sie sich zeitgleich dem Komponieren. Im Anschluss an ihre Ausbildung durch den Komponisten Alireza Mashayekhi, der als Gründungsvater der Neuen Musik in Iran gilt, siedelte Fallah 2007 nach Deutschland über, um ihre Studien bei den Professoren Younghi Pagh-Paan und Jörg Birkenkötter in Bremen und bei Johannes Schöllhorn in Köln und Freiburg fortzusetzen.
Die inzwischen in Köln lebende Komponistin hat eine Vielzahl an Stücken für Soloinstrumente, kammermusikalische Besetzungen, größere Ensembles und Orchester geschrieben, die bei renommierten Festivals wie den Wittener Tagen für neue Kammermusik, dem Forum neuer Musik – Deutschlandfunk, den Klangwerktagen Hamburg, beim Acht Brücken Festival Köln, beim Klangzeit Festival Münster, beim pgnm Festival Bremen, beim Mixtur Festival Barcelona und beim Klang Festival Kopenhagen aufgeführt wurden.
Für ihre Arbeiten wurde sie bereits mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnet, so mit dem Kompositionspreis der HfK Bremen (2009 und 2013) und dem DAAD-Preis (2010) sowie dem 24. Videokunst Förderpreis Bremen (2016). Fallah war 2018 Stipendiatin im Künstlerhof Schreyahn und 2019 im Künstlerhaus Lauenburg.
Weitere Informationen sind unter www.ossietzky-preis.de zu finden.