Oldenburg. Wie die Stadt Oldenburg jetzt erfahren hat, ist der polnische Historiker und Carl-von-Ossietzky-Preisträger des Jahres 2010, Prof. Dr. Włodzimierz Borodziej, am vergangenen Montag gestorben. Die Stadt Oldenburg ehrte ihn 2010 „für seine wissenschaftliche Aufarbeitung der deutsch-polnischen Geschichte des 20. Jahrhunderts und sein großes Engagement zur Aussöhnung der beiden Staaten im Prozess der europäischen Einigung“.
„Mit Professor Borodziej verlieren wir einen kritischen Wissenschaftler, Gesprächspartner und Autor, der sich zeitlebens für die so wichtige deutsch-polnische Annäherung engagiert hat“, bedauert Oberbürgermeister Krogmann.
Der international hoch angesehene, 1956 in Warschau geborene Zeithistoriker der Universität Warschau widmete sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit als auch in seinen publizistischen Beiträgen im In- und Ausland intensiv der schwierigen deutsch-polnischen Geschichte des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Seine Forschungsgebiete erstreckten sich auf den nationalsozialistischen Terror in Polen ebenso wie auf den gescheiterten Warschauer Aufstand 1944. Der Hitler-Stalin-Pakt, die Geschichte der Umsiedlung und Vertreibung der Deutschen aus Polen, die internationalen Beziehungen in der Nachkriegszeit und aktuelle Fragen der Vergangenheitspolitik zählten ebenfalls dazu.
Borodziej leistete mit seinen Quellenstudien einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung. Viele Jahre engagierte er sich in der deutsch-polnischen Schulbuchkommission für die Annäherung von Deutschen und Polen. Von 2010 bis 2016 war er mit Professor Joachim von Puttkamer Direktor des Imre-Kertész-Kollegs Jena und darüber hinaus in verschiedenen Beiräten tätig. Für seine Verdienste wurde er unter anderem mit dem Verdienstkreuz der 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland und 2020 mit dem Internationalen Forschungspreis der Max Weber Stiftung ausgezeichnet.
Einige seiner zu Standardwerken avancierten Veröffentlichungen und Herausgeberschaften wurden auch ins Deutsche übersetzt, so zum Beispiel seine „Geschichte Polens im 20. Jahrhundert“ im C.H. Beck Verlag und „Der Warschauer Aufstand 1944“ im S. Fischer Verlag.
Włodzimierz Borodziej starb im Alter von 64 Jahren.