Oldenburg. 75 Jahre Israel: Anlässlich des Jahrestages der israelischen Staatsgründung bieten das Kulturbüro der Stadt Oldenburg und die Universität Oldenburg zwei Vorträge zur aktuellen politischen Situation und den geschichtlichen Hintergründen an:
10. Mai: Zur aktuellen Situation in Israel und Palästina
Am Mittwoch, 10. Mai, ist Dr. Thomas Kremers zu Gast in Oldenburg und spricht zum Thema „Die Konflikte spitzen sich zu – Zur aktuellen Situation in Israel und Palästina“. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Kulturzentrum PFL, Peterstraße 3, der Eintritt ist frei. Thematisiert werden die vielfältigen Konflikte, die sich aus der Zusammensetzung der Bevölkerung ergeben sowie aus der Besatzungspolitik und der zunehmenden sozialen Kluft zwischen Reichen und Armen. Auch die Zuspitzung seit der Wahl der extrem rechten Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wird angesprochen.
Zum Hintergrund: Im Jahr 2015 hat Staatspräsident Reuven Rivlin in seiner „Vier-Stämme“-Rede Israel als eine Gesellschaft beschrieben, die sich aus vier segregierten Bevölkerungsteilen zusammensetze: säkulare (circa 38 Prozent), nationalreligiöse (circa 15 Prozent) und ultraorthodoxe Juden (circa 23 Prozent) sowie Araber (circa 24 Prozent). Diese lebten weitgehend voneinander getrennt und stünden sich eher feindselig gegenüber. Um die zunehmende Spaltung der israelischen Gesellschaft zu überwinden, rief er die Israelis „zu einem neuen Konzept der Partnerschaft zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen“ auf.
Zum Referenten: Dr. Thomas Kremers war 1963 zum ersten Mal in Israel, hat zur Zeit des Jom-Kippur-Krieges seinen Zivildienst in Nes Ammim in Israel geleistet und diverse Schriften zum Judentum, zur isrelischen Gesellschaft und über die Darstellung des Nahostkonfliktes in Schulbüchern verfasst. Er ist seit 2014 Mitglied im Vorstand des deutschen Nes Ammim Vereins und seit 2021 Vorsitzender der General Assembly von Nes Ammim. „Nes Ammim“ (hebräisch: „Zeichen für die Völker“) war ursprünglich ein christliches Dorf im Norden Israels, das 1963 vor allem von Niederländern, Schweizern und Deutschen gegründet wurde, um Versöhnungsarbeit zwischen Christen und Juden, Europäern und Israelis zu leisten. Im Bewusstsein um die Mit-Verantwortung für eine Zukunft nach der Shoa wollten sie sich solidarisch mit dem jüdischen Volk zeigen und neue Beziehungen zwischen Christen und Juden initiieren. Heute leben und arbeiten in dem Dorf eine christliche Gemeinschaft europäischer Freiwilliger gemeinsam mit vornehmlich jüdischen und einigen arabischen Familien. Die Freiwilligen erleben hautnah, wie Juden und Araber leben, was sie glauben und was sie über den Konflikt und mögliche „Friedensprozesse“ denken.
14. Mai: Zionismus und Antizionismus bis heute
Auf Einladung des AStA Oldenburg und der Gesellschaft für kritische Bildung spricht am Sonntag, 14. Mai, Dr. Stephan Grigat zu „Zionismus und Antizionismus von 1967 bis heute“. Sein Vortrag findet im Kulturzentrum PFL statt, er beginnt um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Der Sechs-Tage-Krieg von 1967 bedeutet in mehrfacher Hinsicht einen Einschnitt in der Geschichte des Nahost-Konflikts: Die erneute Niederlage der arabischen Armeen gegen Israel markierte zum einen den Beginn des Niedergangs des panarabischen Nationalismus und ebnete den Weg für den Aufstieg der diversen Strömungen des Islamismus. Zum anderen schuf die Eroberung großer Territorien durch Israel neue Möglichkeiten und Herausforderungen für die zionistische Selbstbehauptung. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Veränderungen der Konfliktkonstellationen im Nahen Osten in den letzten Jahrzehnten und diskutiert zentrale Probleme der aktuellen israelischen Innen- und Außenpolitik vor dem Hintergrund des anhaltenden Antizionismus.
Zum Referenten: Dr. Stephan Grigat ist Professor für Theorien und Kritik des Antisemitismus am Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen. Er ist Research Fellow an der Universität Haifa und am London Center for the Study of Contemporary Antisemitism, Autor von „Die Einsamkeit Israels: Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung“ (Konkret 2014) und Herausgeber unter anderem von „Iran – Israel – Deutschland: Antisemitismus, Außenhandel und Atomprogramm“ (Hentrich & Hentrich 2017).