Belästigungen im öffentlichen Raum sind #keinKompliment

11.06.2024

Belästigungen im öffentlichen Raum sind #keinKompliment

Oldenburg. Wenn hinterhergepfiffen, -gehupt und -gerufen wird, Blicke den Körper scannen oder obszöne Gesten sexuelle Praktiken zu verstehen geben, dann ist dies nichts anderes als sexuelle Belästigung – dafür möchte das Oldenburger Gleichstellungsbüro anlässlich des Anti-Catcall-Tages am 14. Juni ein Bewusstsein schaffen. Der englische Begriff „Catcalling“ hat sich für diese Art der Belästigung mittlerweile etabliert. Catcalling betrifft nicht nur erwachsene Frauen, auch Mädchen sind schon früh damit konfrontiert. Deshalb haben sich im Mädchentreff, in der Freizeitstätte „Die Villa“ und im Stadtteiltreff Dietrichsfeld Mädchengruppen mit dem Thema auseinandergesetzt. Im Fokus stand dabei die Frage: Wie können und vor allem möchten sie sich in solchen Situationen verhalten?

Die richtige Reaktion? Gibt es nicht.
Die Teenager und Jugendlichen wurden gefragt, wie sie Catcalling bislang erlebt haben, welche Gefühle Catcalling auslöst und was sie anderen in ähnlichen Situationen raten würden. Die Erfahrungen waren dabei so unterschiedlich wie die Reaktionen. Während einige mit frechen Sprüchen antworten, lachen oder den Mittelfinger zeigen, suchen andere Hilfe oder wechseln die Straßenseite. Die Reaktion auf Catcalls ist dabei aber nicht nur eine Typfrage, sondern auch situationsabhängig. Die Gruppe im Mädchentreff zog das Fazit, immer auch auf das Bauchgefühl zu hören und sich nicht in Gefahr zu bringen – und dass es ebenfalls eine legitime Reaktion ist, das Geschehen einfach zu ignorieren. In der Freizeitstätte „Die Villa“ hat die Gruppe unter anderem Unterstützungsangebote benannt, wie das Heimwegtelefon oder die Kampagne „Ist Luisa hier?“, selbst Pfefferspray war Teil der Ideen- und Ratschlägesammlung. 

„Es ist traurig, dass Mädchen und Frauen in solche Situationen gebracht werden“, so die Gewaltschutzkoordinatorin des Gleichstellungsbüros, Johanna Lipski. „Wir möchten mit der Aktion aufzeigen, welche Schutzstrategien sich Mädchen bereits aneignen, um teil am öffentlichen Raum zu haben.“

Im Stadtteiltreff Dietrichsfeld lässt der Austausch die Pädagogin Annamaria Picheca auch nachdenklich zurück: „Unglaublich und erschreckend zu erfahren, dass fast alle Mädchen betroffen sind! Ich hoffe wirklich, dass sich etwas ändert, vor allem auf politischer Ebene, damit Catcalling auch in Deutschland bestraft wird! Trotz allem war es schön zu sehen, wie die Mädchen füreinander einstehen! Ein gutes Beispiel für Empowerment!“

#keinKompliment will Sichtbarkeit schaffen
Rund 50 kommunale Gleichstellungsbeauftragte aus dem ganzen Bundesgebiet haben 2023 die Kampagne #keinKompliment und den dazugehörigen Anticatcall-Day ins Leben gerufen. Die Kampagne weist auf das Recht der sexuellen Selbstbestimmung hin und hat das Ziel der Schaffung einer gesetzlichen Regelung zur Bewertung der Vorfälle als Straftatbestand. Auch das Gleichstellungsbüro der Stadt Oldenburg gehört zu dem Kreis der Initiatorinnen und hat die Arbeit mit den Jugendlichen angestoßen.

Aus den Tipps der Teenager und Jugendlichen wurden im Stil der Gesamtkampagne zwei Plakate gestaltet. Diese können unter www.oldenburg.de/catcalling » heruntergeladen werden, um sie selbst zum Beispiel auf Social Media zu nutzen oder zum Aufhängen auszudrucken. Auf der Themenseite sind auch nochmal Catcalls zu sehen, die so in Oldenburg stattgefunden haben und für den Anti-Catcall-Tag im vergangenen Jahr gesammelt wurden.