Die Neunte Kunst: Aktuelle deutsche Graphic Novels

01.02.2018

Die Neunte Kunst: Aktuelle deutsche Graphic Novels

Oldenburg. Das Horst-Janssen-Museum hat sich erstmals mit dem Edith-Russ-Haus für Medienkunst und dem Stadtmuseum Oldenburg für eine große Ausstellungskooperation zusammengeschlossen. Unter dem gemeinsamen Titel „Die Neunte Kunst“ nehmen sie mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen die Kunstform des Comics in den Blick. Im Horst-Janssen-Museum stehen vom 3. Februar bis 6. Mai „Aktuelle deutsche Graphic Novels“ im Mittelpunkt.

Graphic Novels, eine Unterform des Comics, sind gezeichnete Romane, die mit ihren anspruchsvollen und eher ernsten Themen oftmals düster anmuten und sich aufgrund ihrer erzählerischen Komplexität meist an eine erwachsene Leserschaft richten. In den USA mit dem Graphic-Novel-Pionier Will Eisner (1917-2005) begonnen, hat sich längst auch in Deutschland eine Graphic-Novel-Szene etabliert. „Im Horst-Janssen-Museum zeigen wir erstmals Originale von 13 zeitgenössischen, national wie international ausgezeichneten Comiczeichnerinnen und -zeichnern, darunter Reinhard Kleist, der aktuell mit seiner Biografie über die Rocklegende Nick Cave für Aufmerksamkeit sorgt. Auch Hans Hillmann, der Vorreiter der deutschen  Graphic Novel  wird zu sehen sein“, sagt Museumsleiterin und Kuratorin Dr. Jutta Moster-Hoos.

„Dass in einem Museum der Fokus auf die aktuellsten  Werke der deutschen Comic-Szene gerichtet wird, ist ein Novum“, erläutert die Kuratorin Dr. Sabine Siebel. „Üblicherweise finden Comic-Fans ihre Foren auf Festivals, Messen und in Literaturhäusern.“ Dass sich nun ein Museum für Zeichnung und Grafik mit Graphic  Novels beschäftigt, deutet schon an, dass andere Fragen im Vordergrund stehen. In der Ausstellung geht es dann auch weniger um die Comic-Prints und die Bücher selbst. Vielmehr liegt der Fokus auf den Originalzeichnungen und Vorgeschichten der Bücher. Die Besucher können erleben, wie individuell die Künstlerinnen und Künstler an ihre Projekte herangehen, wie verschiedenartig ihre Gestaltungsmittel, ihre Handschriften, Erzählweisen und technischen Verfahren sind.

Die ausgestellten Graphic Novels sind nicht nur stilistisch, sondern auch thematisch breit aufgestellt. Die Geschichten erzählen von einschneidenden Erfahrungen aller Art, von Alltagsdramen, seelischen Gefährdungen und menschlichen Abgründen. Persönliche Tragödien sind bisweilen mit weltpolitischen Katastrophen verstrickt. So erzählt Ulli Lust in „Flughunde“ von dem grausigen Tod der sieben Kinder des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels im Führerbunker in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.  Geschichtliche Ereignisse – wie der spektakuläre Kriminalfall des Serienmörders Fritz Haarmann in Hannover während der Weimarer Republik (Isabel Kreitz, „Haarmann“) oder die Entdeckung des Nordpols durch einen Afroamerikaner, der aufgrund seiner Hautfarbe nie Ruhm erlangte (Simon Schwartz, „Packeis“) – sind gleichermaßen Gegenstand von Graphic Novels wie aktuell Gesellschaftspolitisches. Neben autobiografischen Stoffen und Biografien finden sich Auseinandersetzungen mit Literaturvorlagen oder auch Comics, die als Reportagen angelegt sind. So interviewte und zeichnete Olivier Kugler im Auftrag der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ syrische Flüchtlinge über vier Jahre vom Irak bis nach England („Dem Krieg entronnen“).

Es wird in der Ausstellung eine Station geben, an der die Künstlerin Anna Haifisch die Besucherinnen und Besucher zu einer Zeichenaufgabe anregt. Außerdem kann man in einer Lounge verweilen und sich in die Bücher vertiefen.  Interviews und kurze Filme verraten den Besuchern mehr über die Künstlerinnen und Künstler. Einige der Comiczeichner wie Reinhard Kleist, Birgit Weyhe, Isabel Kreitz und Anna Haifisch werden auch zu Vorträgen, Lesungen und Live-Drawing-Aktionen erwartet.

Das Horst-Janssen-Museum eröffnet seine Ausstellung „Aktuelle deutsche Graphic Novels“ am Freitag, 2. Februar, um 19 Uhr gemeinsam mit dem Stadtmuseum Oldenburg.

Über das Kooperationsprojekt „Die Neunte Kunst“
Während im Horst-Janssen-Museum die aktuelle deutsche Graphic-Novel-Szene im Fokus steht, bereitet das Stadtmuseum mit der Ausstellung „Die Geschichte des Comics“ quasi den Weg dorthin. Das Edith-Russ-Haus wiederum spinnt das Thema weiter, indem es das Genre Graphic Novels als Ausganspunkt nimmt, um mit filmischen Animationen, grafischen Reportagen und Computerspielen „Unwanted Stories“ zu erzählen.  Wer alle drei Ausstellungen besuchen möchte, kann dafür ein Kombiticket erwerben, das in allen drei Häusern und der Oldenburger Touristinformation erhältlich und bis zum Ende der Ausstellungen gültig ist. Zudem sind die Sonntagsführungen so aufeinander abgestimmt, dass man alle drei Ausstellungen auch an einem Tag besuchen kann: um 11 Uhr gibt es eine Führung im Stadtmuseum, um 14 Uhr im Horst-Janssen-Museum und um 16 Uhr im Edith-Russ-Haus.

Die drei Häuser bieten auch gemeinsame Veranstaltungen an: zum Beispiel einen Comic-Tag am Samstag, 17. Februar, an dem nachmittags Führungen, Workshops und eine Comicbörse locken sowie Computerspiele am Abend. Wer beim Comic-Tag im Comic-Kostüm erscheint, erhält freien Eintritt. Außerdem gibt es einen eintrittsfreien Sonntag am 11. März. Alle Veranstaltungen der drei Ausstellungen sind gesammelt hier zu finden: www.oldenburg.de/dieneuntekunst.

DIE NEUNTE KUNST
Eine Ausstellungskooperation in drei Kapiteln:
Kapitel I: Die Geschichte des Comics
3. Februar bis 2. April im Stadtmuseum
www.stadtmuseum-oldenburg.de/ausstellungen/sonderausstellungen/die-geschichte-des-comics
Kapitel II: Aktuelle deutsche Graphic Novels
3. Februar bis 6. Mai im Horst-Janssen-Museum
www.horst-janssen-museum.de/ausstellungen/aktuelle-deutsche-graphic-novels
Kapitel III: Unwanted Stories
1. Februar bis 2. April im Edith-Russ-Haus für Medienkunst
www.edith-russ-haus.de/ausstellungen/ausstellungen/aktuell.html

Kombiticket:
Normalpreis: 7 Euro; Ermäßigter Preis: 3,50 Euro; Familienticket: 15 Euro

Die Ausstellung wird großzügig unterstützt von:  
Stiftung Niedersachsen, LzO Stiftung Kunst und Kultur, Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg

Medienpartner:
Bremen Zwei