Oldenburg. Die Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse, kurz KIBUM, feiert in diesem Jahr ihre 50. Ausgabe: Vom 9. bis 19. November heißt es „KIBUM feiert! 50 Jahre Lesespaß“. Einige der beliebtesten und erfolgreichsten Autorinnen und Autoren des deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchs werden live dabei sein – allen voran Cornelia Funke als Schirmfrau. Das Kernteam, das all dies auf die Beine stellt, umfasst dabei nur eine Handvoll Menschen aus der Stadtbibliothek Oldenburg und der Universität Oldenburg. Im Interview sprechen die Programmverantwortliche, Regina Peters, und die Leiterin der Stadtbibliothek, Heike Janssen, über die Entwicklung der KIBUM, Begegnungen mit Autorinnen und Autoren und geben Programmtipps fürs Jubiläum – etwa für die Kulturetage: Tickets für die Lesungen dort gibt es ab Freitag, 11. Oktober!
Frage: Paul Maar oder Jeff Kinney waren schon hier, Cornelia Funke kommt zum Jubiläum – wie schaffen Sie es, so viele Größen der Kinder- und Jugendliteratur nach Oldenburg zu holen?
Regina Peters: Tatsächlich können wir mit Stolz sagen: Der gute Ruf der KIBUM eilt ihr voraus. Wir haben uns sehr gefreut, dass unser Engagement um Leseförderung bereits mit zwei bedeutenden Preisen ausgezeichnet wurde, zuletzt im Frühjahr mit dem Deutschen Lesepreis durch die Stiftung Lesen. Ich gestalte seit zwei Jahrzehnten das KIBUM-Programm und je mehr unser Renommee im Laufe der Jahre gewachsen ist, desto leichter wird es, Stars der Kinder- und Jugendliteratur wie Funke oder Kinney dafür zu gewinnen, persönlich zu kommen. Zu unserem freudigen Erstaunen ist die KIBUM nicht nur national bekannt, sondern mittlerweile sogar international.
Frage: An welche Begegnung mit einer Autorin oder einem Autor denken Sie besonders gerne zurück?
Peters: Für mich als Literaturwissenschaftlerin war gleich meine zweite KIBUM sehr besonders. Wir feierten damals, 2005, den 200. Geburtstag des dänischen Märchenerzählers Hans Christian Andersen. Literaturnobelpreisträger Günter Grass hatte Lithographien zu Andersens Märchen geschaffen und verlieh dann im PFL Preise an Kinder, die beim KIBUM-Schreibwettbewerb zum Andersen-Märchenmotiv „Galoschen des Glücks“ gewonnen hatten. Das war großartig. Und im Verlauf der Jahre sind freundschaftliche Verbindungen entstanden, wie zu Paul Maar oder Bart Moeyart.
Frage: Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Entwicklungen in 50 Jahren KIBUM?
Peters: Gesellschaftlich absolut relevant ist, dass wir – trotz des immens gewachsenen Programms – die KIBUM seit 50 Jahren komplett nicht-kommerziell anbieten können. Das ist nicht zuletzt der Unterstützung unserer Förderer zu verdanken. Mit den Lesungen an den Vormittagen unter der Woche erreichen wir alle: Kita-Kinder, Grundschulkinder, Jugendliche in den weiterführenden Schulen. Familien kommen an den beiden Wochenenden und nachmittags. Digitale Formate wenden sich an alle Interessierten, überall, jederzeit. In punkto Nachhaltigkeit sind ebenso unsere KIBUM-Publikationen ein Gewinn, die wir jährlich konzipieren und an Schulklassen oder Kitas verschenken können; außerdem tolle Ausstellungsformate. Und da die Durchführung der KIBUM in der Regie der Stadtbibliothek liegt, können wir optimal ganzjährig agieren.
Frage: Entgegen aller Befürchtungen, dass Kinder und Jugendliche sich nicht mehr für Bücher interessieren, erfreuen sich die KIBUM-Veranstaltungen größter Beliebtheit, sogar die Kulturetage wird seit vielen Jahren gebucht. Was heißt das perspektivisch?
Heike Janssen: Quantitativ befinden wir uns bereits jetzt auf einem sehr hohen Niveau und freuen uns sehr über den andauernden großen Zuspruch. Insbesondere in den letzten 15 Jahren hat die KIBUM sich qualitativ wie quantitativ deutlich weiterentwickelt und wird dies auch perspektivisch so fortsetzen – um stets den sich verändernden Bedürfnissen unserer Zielgruppen gerecht werden zu können. Dabei steht die Vermittlung von Lesefreude – angesichts sinkender Grundkompetenzen im Lesen heute wichtiger denn je – immer im Fokus.
Frage: Zwei Fragen zum Schluss: Was ist Ihr persönliches Highlight im diesjährigen Programm?
Janssen: Das sind die „Glanzlichter“ an den beiden Sonntagen, 10. und 17. November: Lesungen von Cornelia Funke „Die Farbe der Rache“, Jörg Hilberts „Ritter Rost“, Martin Baltscheit mit seiner „Löwenstarken Bilderbuch-Show“, Margit Auers „Schule der magischen Tiere“ und Klaus-Peter Wolf und Bettina Göschl mit ihren „Nordseedetektiven“. In der Kulturetage haben wir für kleine und große KIBUM-Fans richtig viel Platz. Die kostenlosen Karten gibt es ab Freitag, 11. Oktober, in der Kulturetage und in der Kinderbibliothek am PFL.
Peters: Und ich freue mich sehr auf die KIBUM-Eröffnung mit Cornelia Funke im Staatstheater. Unsere diesjährige Schirmfrau hat uns zum Jubiläum die fantastische Geschichte „Das Pferd des Grafen“ geschenkt, die sie vorstellen wird.
Frage: Und welches ist Ihr Lieblingskinder- oder Jugendbuch aller Zeiten?
Janssen: Meine Lieblingskinderbücher waren allen voran „Der Glückliche Löwe“ von Louise Fatio und Roger Duvoisin sowie die Kinderbuchklassiker von Boy Lornsen („Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“), Paul Maar („Das Sams“) oder Otfried Preußler („Der Räuber Hotzenplotz“) – als Grundschulkind las ich mich durch das komplette Autorenalphabet der Kinderbücherei meiner Heimatstadt. Als erwachsene Leserin faszinierte mich besonders das Kinderbuch „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ von Andreas Steinhöfel.
Peters: Sobald ich selbst lesen konnte, habe ich Bücher verschlungen. Irgendwann – ich muss neun Jahre alt gewesen sein – fiel mir zufällig „Sternkinder“ von der niederländischen Autorin Clara Asscher-Pinkhof in die Hände, Kurzgeschichten über jüdische Kinder. Ich war weit davon entfernt, das Gelesene historisch einordnen zu können. Aber ich erinnere mich sehr gut an die emotionale Wucht der Geschichten. Ich begriff intuitiv, welche Wirkungsmacht Bücher haben können. „Sternkinder“ – ein ganz bedeutendes Jugendbuch, heute mehr denn je!