Klimabilanz der Elektromobilität

Ist das Elektroauto klimafreundlich?

Hintergrund

Im Zuge der Elektrifizierung des Straßenverkehrs häufen sich ökologische Bedenken in der öffentlichen Berichterstattung. Zwar sind die Fahrzeuge auf lokaler Ebene emissionsfrei, sie tragen aber bei der Herstellung der Akkumulatoren auf globalen Maßstab einen großen ökologischen Rucksack. Mehrere Nichtregierungsorganisationen (NGO), unter anderem Brot für die Welt », haben Studien » in Auftrag gegeben, oder selbst recherchiert, und äußern sich kritisch ablehnend über die bisher veröffentlichten Elektromodellstudien vor allem deutscher Automobilhersteller. Die Gewinnung von Lithium, als eines der derzeit signifikant wichtigen Elemente in heutigen Akkumulatoren, ist äußerst problembelastet. Für die Gewinnung des Lithiums einer durchschnittlichen Elektroautobatterie werden zurzeit 80.000 Liter Wasser verbraucht. Dies geschieht vor allen Dingen in den hochgradig ariden Hochlandgebieten Südamerikas, wo der durch die Bergbauunternehmen zusätzlich verstärkte Wassermangel die kleinbäuerlich geprägte Wirtschaft der indigenen Bevölkerung bedroht.

Der Konflikt um seltene Erden und die Lithiumproblematik

Derzeit entwickelt zum Beispiel die BMW Group für 2021 eine neue Generation ihres Elektroantriebs, bei der der Elektromotor ohne seltene Erden auskommt. Damit macht sich der Hersteller unabhängig von der Verfügbarkeit seltener Erden.

Bei der Lithiumsalzgewinnung wird in ersten Pilotanlagen vereinzelt versucht das verdunstende Wasser der Lithiumlauge in geschlossenen Systemen aufzufangen und einer Nutzung zuzuführen. Die Automobilhersteller wollen ihrerseits über bestimmte Zertifizierungen bei den Bergbauunternehmen sicherstellen, dass bei der Gewinnung von Lithiumsalzen Umweltstandards eingehalten werden. Des Weiteren wird weltweit an Batterien geforscht, die mit weniger Lithium auskommen. In Deutschland ist unter anderen das MEET Batterieforschungszentrum in Münster » erfolgreich dabei Alternativen bis zur Marktreife zu entwickeln.

Die Ökobilanz von Elektroautos in 2020 bis 2030

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) » hat im Juli 2019 die die gesamtökologischen Auswirkungen des Brennstoffzellenautos im Auftrag des Wasserstoff-Infrastrukturunternehmens H2 Mobility » mit denen eines Batteriefahrzeugs und auch denen eines Diesel-Pkw verglichen. Die Studie zeigt vor allem eines: Wasserstoff ist nicht besser als die Batterie – aber beide sind klimafreundlicher als der Diesel. Demnach überholt das Elektroauto ab knapp 160.000 Kilometern den Diesel.

Eine Zusammenfassung der Studie finden Sie hier in Kurzversion » (PDF, 965 KB) und für besonders Interessierte als Langversion » (PDF, 4,1 MB).

Inhalt der Studie

Für die Studie haben Wissenschaftler die gesamte Lebensdauer mehrerer Modellfahrzeuge verglichen, also sowohl Herstellung, Betrieb und Recycling berücksichtigt. Getestet wurden ein Brennstoffzellenfahrzeug mit 95 Kilowatt Leistung, 5,6 Kilogramm Tankkapazität und einer Reichweite von über 500 Kilometern vergleichbar mit dem Hyundai Nexo sowie ein Dieselauto mit einem Verbrauch von 5,9 Litern auf 100 Kilometer und Gewicht von 1.750 Kilogramm vergleichbar mit dem Hyundai Tucson 1.6 CRDi und mehrere Batteriefahrzeuge:

  • Eines mit 60 Kilowattstunden Batteriekapazität und einem Verbrauch von 19,5 Kilowattstunden auf 100 Kilometer (Gewicht: 2.044 Kilogramm), ungefähr vergleichbar mit einem Opel Ampera-e
  • Ein 90-Kilowattstunden-Fahrzeug mit rund 400 Kilometer Reichweite und einem Verbrauch von 20,4 Kilowattstunden auf 100 Kilometer (Gewicht: 2.266 Kilogramm) ähnlich dem Jaguar I-Pace

Frisch ab Werk liegt der Diesel im Ökorennen vorne, denn seine Herstellung verursacht 9.995 Kilogramm CO2, die eines Brennstoffzellenfahrzeugs aber 16.491 Kilogramm – und die eines E-Autos mit einer 90 Kilowattstunden-Batterie sogar 22.635 Kilogramm. Nach 200.000 gefahrenen Kilometern muss sich der Diesel der Studie zufolge jedoch beiden Antrieben geschlagen geben. Denn während sein Betrieb mit 45.956 Kilogramm Kohlenstoffdioxid zu Buche schlägt, sind es für die beiden Alternativen selbst im ungünstigsten Fall weniger: Das Batterieauto hat bis dahin mit dem derzeitigen deutschen Strommix 42.416 Kilogramm CO2 ausgestoßen – und das mit ausschließlich aus Erdgas gewonnenem Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeug 39.128 Kilogramm.

Der Einfluss der Batterien/Wasserstofftanks auf die Ökobilanz

Bei den alternativen Antrieben hängt der CO2-Fußabdruck vor allem von der Herstellung der Batterien beziehungsweise speziellen Wasserstofftanks und der Produktion des Stroms oder Wasserstoff ab. Dadurch schlägt der Diesel bei einer Laufleistung von 150.000 Kilometern das größere Batterieauto – allerdings nur, wenn der Wagen mit dem aktuellen Strommix betrieben wird und die Batterie CO2-intensiv hergestellt wurde. Lädt man den Wagen dagegen mit Solarstrom, erzeugt er deutlich weniger Kohlenstoffdioxid als der Diesel.  

Auch für die Herstellung und Entsorgung der Antriebe wurden unterschiedlich CO2-intensive Szenarien berücksichtigt, und zwar eine Standardvariante sowie ein bester und schlechtester Fall mit sehr niedrigen beziehungsweise sehr hohen Emissionen:

  • Die Herstellung einer 95 Kilowatt starken Brennstoffzelle verursacht im schlimmsten Fall 7.253 Kilogramm CO2, im Standardfall 5.770 Kilogramm und im besten Fall 4.399 Kilogramm, abhängig von der Produktion der nötigen Rohstoffe wie Platin und Kohlefaser.
  • Der Bau eines Batteriepakets mit einer Akkukapazität von 90 Kilowattstunden sorgt im Standardfall, bei dem mit dem Strommix der heutigen Produktionsländer gerechnet wird, für 11.914 Kilogramm CO2.
  • Im schlechtesten Fall steigt dieser Wert durch den Strommix der Produktionsländer der Studie zufolge auf 15.815 Kilogramm Kohlenstoffdioxid, im besten Fall, in dem nur Solarstrom für die Herstellung verwendet wird, wären es 6.722 Kilogramm.

Damit schneidet das Brennstoffzellenfahrzeug besser ab als das Batterieauto – allerdings nur bei vergleichbaren Reichweiten. Denn dann könne die höhere Effizienz des Batterieautos den CO2-Nachteil aus der Herstellung im Vergleich zum Wasserstofffahrzeug nicht kompensieren, so die Autoren.

Der Einfluss der Batterie- und Tankgröße auf die Ökobilanz

Elektroautos mit kleineren Batterien sorgen der Studie zufolge dagegen für weniger Treibhausgasemissionen als ein Wasserstoffauto. Die Grenze liege hier bei 50 Kilowattstunden Batteriekapazität sowie rund 250 Kilometern Reichweite. Auf langen Strecken sei dagegen die Brennstoffzelle im Vorteil. Entscheidend für die tatsächlichen Emissionen des Batterieautos sei die Fertigung der Batteriezellen sowie der Ursprung des Stroms für den Betrieb, so die Autoren. Bei der Brennstoffzelle seien es dagegen die Art der Herstellung des Wasserstoffs sowie die Produktion der Tanks des Wagens. Allerdings wurden einige Faktoren in der Studie nicht berücksichtigt, zum Beispiel der Einsatz synthetischer Kraftstoffe in Dieselmotoren und die Möglichkeit der weiteren Verwendung gebrauchter Batterien oder Brennstoffzellen.

Vorteile von Elektroautos für das kommunale Stromnetz

Bei den batterieelektrischen Fahrzeugen kommt noch ein weiterer Vorteil hinzu, der gerade bei den Betreiberinnen und Betreibern von Stromnetzen, beziehungsweise bei Kundinnen und Kunden mit lastabhängigen Stromtarifen sehr relevant werden könnte: Sie werden zukünftig als fahrende Stromspeicher fungieren, die Spitzen im Stromnetz ausgleichen können. Das große bestehende Manko der erneuerbaren Energiequellen (Wind- und Photovoltaikstrom) ihrer mangelnden Grundlastfähigkeit wird somit ein weiterer Lösungsansatz zur Seite gestellt. Betreiberinnen und Betreiber von Photovoltaikanlagen können somit noch stärker autark agieren und Kosten sparen. Auf der Ebene eines kommunalen Stromnetzes, wie es in der Stadt Oldenburg vorhanden ist, ist dieser Fakt sehr relevant bei den Planungen des Stromnetzes.

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Bei Interesse an einem persönlichen Gespräch zum Thema setzen Sie sich bitte mit dem Fachdienst Mobilität der Stadt Oldenburg in Verbindung:

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26121 Oldenburg

Karsten Everth, Telefon: 0441 235-4625, E-Mail: karsten.everth[at]stadt-oldenburg.de

Zuletzt geändert am 8. November 2023