Familie Meyberg

Bürgerstiftung und Stadt Oldenburg bewahren Andenken an NS-Opfer – Empfang im Rathaus

Erinnerungszeichen machen Schicksal der Familie Meyberg sichtbar

Anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht hat die Stadt Oldenburg gemeinsam mit der Oldenburger Bürgerstiftung und Nachfahren der Familie Meyberg am Sonntag, 9. November 2025, zwei weitere Erinnerungszeichen „auf Augenhöhe“ eingeweiht. Am Haus in der Peterstraße 6 erinnern sie künftig an Fanny und Julius Meyberg, die dort einst lebten und deren Leben – wie das vieler jüdischer Bürgerinnen und Bürger – durch die nationalsozialistische Verfolgung zerstört wurde. Die Stele, für die das Alte Gymnasium die Patenschaft übernommen hat, enthält gelaserte Reliefs der Ermordeten. Die bewegende Zeremonie fand im Beisein des Enkels von Fanny Meyberg, Mike Meyberg, statt. Er wurde begleitet von seiner Tochter Linda und von Fanny Meybergs Urenkel Nitzan Ariel. Die Meybergs waren aus Plano, einer Stadt im US-Bundesstaat Texas, angereist. Nitzan Ariel lebt in der israelischen Stadt Haifa.

Besuch als Zeichen der Versöhnung

Vor der Einweihung der Erinnerungszeichen hieß Bürgermeisterin Nicole Piechotta die Gäste bei einem Empfang im Alten Rathaus herzlich willkommen. Sie würdigte das Engagement der Bürgerstiftung, die es mit ihrer Arbeit und dem Einwerben von Spenden ermöglicht, jüdischen Opfern der NS-Zeit Namen und Gesicht zu geben. Piechotta dankte insbesondere den Angehörigen der Familie Meyberg dafür, dass sie die lange Reise auf sich genommen haben: „Ihre Anwesenheit ist ein bewegendes Zeichen des gemeinsamen Erinnerns. Mit Ihrem Besuch setzen Sie ein Zeichen der Versöhnung.“ Die Bürgermeisterin erinnerte daran, dass Oldenburg als erstes Land im damaligen Deutschen Reich, in dem die Nationalsozialisten 1932 an die Macht gekommen waren, in einer besonderen Verantwortung stehe: „Diese Vergangenheit wiegt schwer auf uns.“  Piechotta hat die Hoffnung, dass die Erinnerungszeichen dazu beitragen, eine Wiederholung ähnlicher Ereignisse zu verhindern.  

Bewegendes Schicksal

Fanny und Julius Meyberg gehörten zu jener Familie, die über Jahrzehnte in Oldenburg beheimatet war. Fanny und ihr Mann Meir lebten ab 1902 in der Peterstraße 6, dem damaligen Gebäude der jüdischen Schule neben der Synagoge, wo Meir als Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde wirkte. Ihr Sohn Julius besuchte das Alte Gymnasium und machte später in Hamburg Karriere. Mit seiner Frau Frieda und den Kindern Ruth und Manfred führte er in der Hansestadt ein erfülltes Familienleben – bis die Gewaltherrschaft der Nazis alles veränderte. 
1942 wurden Fanny und Julius von Hamburg aus deportiert – Fanny starb 1943 in Theresienstadt, Julius 1944 in Auschwitz. Auch Frieda und die beiden Kinder wurden dort ermordet. Nur Julius’ Bruder Gustav Meyberg, der bereits 1934 nach Palästina emigriert war, und seine Familie überlebten.

Erinnerung auf Augenhöhe

Finanziert werden die Erinnerungszeichen durch Spenden und Sponsoring, getragen von der Oldenburger Bürgerstiftung in Kooperation mit der Stadt Oldenburg und dem Verein Werkstattfilm. Nachdem vor Jahren die Jüdische Gemeinde Oldenburgs sich gegen die Verlegung von Stolpersteinen ausgesprochen hatte, hatte der Vorsitzende der Oldenburger Bürgerstiftung und ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg, Dietmar Schütz, das Projekt der „Erinnerung auf Augenhöhe“ ins Leben gerufen. Heute zeugen insgesamt 88 Erinnerungszeichen an 36 Orten über die gesamte Stadt verteilt von den Wohnorten ehemaliger Oldenburger Jüdinnen und Juden, die Opfer des NS-Regimes wurden. Dietmar Schütz: „Mit den Erinnerungszeichen geben wir den vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern symbolisch ihren Platz in unserer Stadt zurück. Das jüdische Leben, das einst fester Bestandteil Oldenburgs war, kehrt so in das Bewusstsein der heutigen Generation zurück.“ 

Zuletzt geändert am 10. November 2025