Zur Person

Carl-von-Ossietzky-Preis 2016 geht an Ahmad Mansour

Ahmad Mansour ist der Preisträger des Carl-von-Ossietzky-Preises der Stadt Oldenburg für Zeitgeschichte und Politik 2016. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wurde dem in Berlin lebenden Diplom-Psychologen aufgrund des einstimmigen Votums einer unabhängigen Jury am 3. Mai im Rahmen eines Festaktes in Oldenburg verliehen.

Die Jury schreibt in ihrer Begründung:
„Der Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg des Jahres 2016 wird dem palästinensisch-israelischen Psychologen und Autor Ahmad Mansour zuerkannt. Der in Israel geborene Ahmad Mansour, der seit 2004 in Deutschland lebt, erhält die Auszeichnung aufgrund seines außerordentlichen Einsatzes für Demokratie, Toleranz und Integration. Ahmad Mansour wäre in seiner Jugend beinahe selbst zu einem Islamisten geworden. Sein Studium in Tel Aviv, das er in Berlin fortsetzte, half ihm dabei, sich von der Radikalisierung zu lösen. Vor dem Hintergrund seiner eigenen Sozialisation leistet Ahmad Mansour beispielhafte Präventions- und Aufklärungsarbeit, auch und gerade mit Jugendlichen. Neben wissenschaftlichen, publizistischen und beratenden Tätigkeiten engagiert er sich gleichermaßen leidenschaftlich in seiner praktischen Arbeit gegen Extremismus, Unterdrückung, Antisemitismus und Fanatismus. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt dabei Betroffenen und Angehörigen. Ahmad Mansour setzt sich eindrucksvoll für ein demokratisches, gewaltfreies und friedliches, dem Grundgesetz und den Menschenrechten verpflichtetes Zusammenleben ein.“

Der fünfköpfigen Jury gehören an die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Doering (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg), der Journalist und Autor Dr. Gunter Hofmann (DIE ZEIT, Berlin), der Soziologe Prof. Dr. Dieter Rucht, Friedrich-Wilhelm Kramer, freier Journalist, Berater der WMP EuroCom AG und Lehrbeauftragter für Medien und Politik in Riga und Hamburg, sowie der Historiker Prof. Dr. Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam und Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Humboldt Universität zu Berlin.

Zur Person Ahmad Mansour

Der Palästinenser Ahmad Mansour wurde 1976 in Israel in dem arabischen Dorf Tira geboren. Als 13-Jähriger wurde der in patriarchalen Strukturen aufgewachsene Jugendliche durch den fundamentalistisch geprägten Imam vor Ort regelmäßiger Besucher einer Koranschule. In den Jahren bis zum Abitur vollzog sich dort seine Erziehung zum Islamisten. 1996 nahm er in Tel Aviv sein Studium der Psychologie, Soziologie und Philosophie auf. Im Laufe seiner Studienzeit setzte ein langwieriger Prozess innerer Distanzierung und späterer Loslösung ein. Nach Beendigung des Studiums arbeitete Mansour zunächst als psychologischer Betreuer in einer deutschen Klinik bei Tel Aviv und später in der Marketingabteilung eines Pay TV-Senders. Aufgrund der Gewalterfahrungen der zweiten Intifada siedelte er 2004 nach Berlin über und setzte dort nach erheblichen Orientierungsschwierigkeiten sein Studium der Klinischen Psychologie an der Humboldt Universität fort.

Mansour ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der „ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur, Arbeitsstelle Islamismus und Ultranationalismus“ und engagiert sich seit 2007 als Gruppenleiter im Gleichberechtigungsprojekt „Heroes“, einem Projekt gegen Unterdrückung im Namen der Ehre. Seit 2013 ist er Mitarbeiter von „Hayat“, einer Beratungsstelle gegen Radikalisierung. Darüber hinaus berät er seit 2011 die „European Foundation for Democracy“ in Brüssel zu den Themen Integration, Radikalisierung, Antisemitismus und Erziehung. Mansour, von 2012 bis 2014 Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, führt zudem regelmäßig Schulungen und Workshops mit Jugendlichen, Pädagogen und Sozialarbeitern durch und ist als Berater, Referent und freier Autor tätig. 2015 erschien im S. Fischer Verlag sein viel diskutiertes Buch „Generation Allah – Warum wir im Kampf gegen religiösen Extremismus umdenken müssen“.

Für sein Engagement wurde Ahmad Mansour mehrfach ausgezeichnet, so unter anderem im Jahr 2014 mit dem Moses-Mendelssohn Preis des Berliner Senats. 2015 erhielt er gemeinsam mit Hamed Abdel Samad die Josef-Neuberger-Medaille der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

Der Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik wird von der Stadt Oldenburg alle zwei Jahre für Arbeiten, Gesamtwerke oder an Personen vergeben, die sich in herausragender Weise mit Leben und Werk Ossietzkys, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus und der demokratischen Tradition und Gegenwart befassen oder die sich im Geiste Ossietzkys mit Themen der Politik und Zeitgeschichte auseinandersetzen.

Zuletzt geändert am 17. Januar 2023