Gin Tonic und der vergiftete Himmel
von Paul, Charlotte und Anton
Die Nacht lag ruhig über der Stadt, als Adrian Kael Cross und Stella Vayne Ardent auf der alten Schaukel ihres Balkons saßen. Das schwache Klingen der Eiswürfel in den Gläsern war das einzige Geräusch. Der Himmel spannte sich klar und weit über ihnen, und die Sterne funkelten, als wollten sie ihnen Geschichten zuflüstern – Geschichten von einer anderen Welt. Ein Windstoß fuhr über den Balkon, ließ die Kerze flackern. Für einen Moment meinte Stella ein schwaches Schimmern in der Luft zu sehen. Ein kratzendes Geräusch und ein kleines, glühendes, flatterndes Etwas landete auf dem Tisch. „Tobias!“, rief Adrian überrascht. Der Minidrache – Tobias der Glimmende – sah erschöpft aus, aber seine Augen glühten vor Dringlichkeit. Zwischen seinen Krallen hielt er ein Stück Metall, das wie ein Herz pulsierte. „Das… das ist das Artefakt der Reisenden!“, flüsterte Stella. Kaum hatte sie es ausgesprochen, begann der Raum zu beben. Das Artefakt schwebte zwischen ihnen, ein Riss aus Licht zog sich durch die Luft – und bevor sie reagieren konnten, riss sie der Sog eines Portals fort.
Als Adrian die Augen öffnete, lag er im feuchten Gras von Aethernia. Der Himmel über ihm war purpurn und zerfurcht, als würde er brennen. Stella landete neben ihm, hustend, während Tobias sich auf ihren Schultern festkrallte.
Aus dem Nebel trat Anton der Goldothal, die Axt geschultert, seine Rüstung übersät mit Kratzern. Neben ihm stand Charlotte Vale Grimmfell, die Zwergenschmiedin, ihr rotes Haar voller Asche. „Paul-Otha lebt“, rief sie, „und seitdem ist Aethernia fast zerbrochen.“ Stella starrte sie an. „Das ist unmöglich – wir haben ihn zerstört!“ „Ihr habt nur seinen Körper vernichtet“, erwiderte Charlotte düster. „Sein Geist hat den Himmel vergiftet.“ Ein grollendes Donnern ging über sie hinweg. In der Ferne erhob sich eine schwarze Silhouette – eine Turmspitze aus Licht und Schatten. „Das ist er“, sagte Anton leise. „Paul-Otha. Er hat den Tempel wieder errichtet.“
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg durch das verwüstete Land. Die Wälder von Aethernia waren grau, das Wasser still wie Glas. Immer wieder hörten sie ein leises Wispern, als ob die Welt selbst atmete. Unterwegs trafen sie den alten Magier. Sein weißer Mantel war zerrissen, und in seinen Augen lag Müdigkeit – aber auch Hoffnung. „Ich wusste, dass ihr kommt“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Paul-Otha sammelt seine Schatten. Nur das Artefakt kann ihn aufhalten – aber es ist zerbrochen.“ Tobias schüttelte sich und legte das glimmende Bruchstück vor dem Magier ab. Der nickte. „Dann lasst uns den Rest finden.“
Sie reisten tagelang. Über schwebende Felsen, durch Dörfer aus Kristall, durch Nebelfelder, in denen vergangene Stimmen flüsterten. Adrian trug ein zerbrochenes Runenschwert auf dem Rücken, Stella das Artefakt in einem Ledertuch.
Schließlich erreichten sie den neuen Totentempel – eine gewaltige Festung aus schwarzem Stein, von Rissen durchzogen, aus denen flackerndes Licht drang. Über dem Tor thronte die Maske von Paul-Otha, starr und unbarmherzig, und eine frostige Stille lag über dem Platz, als wäre die Zeit erstarrt. „Wir müssen vorsichtig sein“, flüsterte Stella. „Er wird uns erwarten.“ Anton der Goldothal hob seine Axt. „Erwartet oder nicht, er wird uns nicht stoppen.“ Charlotte Vale Grimmfell stellte sich neben ihn, die Hand an einem Hammer, der wie geschmolzenes Eisen funkelte. Langsam schlichen sie über den Platz. Die Schatten der Statuen – dreimal Paul-Otha – bewegten sich leicht, als hätten sie ein Eigenleben. Tobias der Glimmende flog voraus, seine Schuppen leuchteten in warnendem Rot. Plötzlich brach ein grollendes Lachen aus dem Tempel. „Ihr wagt es, hierher zu kommen?“ Eine dunkle Gestalt trat hervor. Paul-Otha war mächtiger und dunkler als je zuvor, seine Augen glühend wie verbranntes Gold.
Ein Kampf entbrannte. Stella nutzte das Artefakt, das nun pulsierte und Lichtstrahlen aussandte, die die Schatten zurückdrängten. Adrian stürmte vor, sein Runenschwert zerschnitt die Dunkelheit, während Anton und Charlotte die Angriffe der Schatten abwehrten. Tobias flog über ihnen und spie kleine Flammen auf die heranstürmenden Diener Paul-Othas, und der Magier murmelte uralte Formeln, die Funken von Licht über die Kampffläche regnen ließen.
Schließlich, nach einem harten Kampf, erhob sich das Artefakt in Stellas Hand. Ein gleißender Strahl schoss empor und hüllte Paul-Otha ein. Mit einem letzten, wütenden Schrei verschwand er in einem Lichtblitz, der die Schatten auslöschte und die Statuen zerfallen ließ. Stille legte sich über den Tempel. Das Land begann langsam seine Farben zurückzugewinnen. Der Himmel von Aethernia wurde wieder blau, das Wasser floss klar, und ein sanfter Wind trug die Düfte von Erde und Gras.
Zurück auf ihrem Balkon auf der Erde, mit Gin Tonic in der Hand, lachten Adrian und Stella leise über die Abenteuer. Doch tief in ihren Augen glühte ein Wissen: Aethernia wartete weiterhin, bereit für die nächsten Mutigen, die sich durch das Portal wagen würden.
Zuletzt geändert am 2. Dezember 2025