Mitschrift zur Podcast Episode 17

Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehn minütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Heute habe ich zwei Gründungsmitglieder des Projektes Radio Globale beim Lokalsender oeins hier bei mir zu Gast. Einmal Dörthe Bührmann, Gründerin von oeins, langjährige Programmleitung und Initiatorin von Radio Globale und Detlev Wiese, ehrenamtliches Redaktionsmitglied von Anfang an und inzwischen im Vorstand des Vereins von Radio Globale tätig. Herzlich willkommen! Schön, dass ihr da seid.

Dörthea Bührmann: Hallo.

Claudia Wronna: Dörthe, erzähl doch mal, wie ist es zu dem Projekt Radio Globale gekommen? Was war der Auslöser?

Dörthe Bührmann: Ja, also 2015 ist uns sicher allen noch in Erinnerung. Da war ja die große Migrationsbewegung. Und viele von uns – und ich auch und auch unser Sender – fühlten uns aufgefordert, doch einen Anteil daran zu haben, wie wir Menschen, die in unser Land neu kommen, auch zu empfangen und ihnen auch ein Stück weit ein Forum zu bieten. Und da habe ich über das BAMF ein Projekt genehmigt gekriegt, was wir dann in der gemeinsamen Diskussion Radio Globale genannt haben. Weil Radio ist natürlich ein Begriff, der auch international zu verstehen ist und Globale dann auch noch mal und da war schon über die Begriffsfindung klar wir wollen mit Menschen zusammen Radio machen.

Claudia Wronna: Detlev, welche Rolle hast du in dem Projekt gespielt und was für Erlebnisse sind dir besonders hängen geblieben?

Detlev Wiese: Also ich liebe ja die Musik und so bin ich auch damals 2016 zu oeins in die Redaktionsgruppe mit hineingekommen. Und was mir besonders gefallen hat: Wenn man mit Migrantinnen und Migraten zusammengearbeitet hat, dann haben immer ihre Augen geleuchtet, wenn es um das Thema Musik ging, weil die Musik hat sie an ihre Heimat erinnert. Wir haben natürlich dann ihre Wünsche auch erfüllt beziehungsweise sie haben teilweise ihre eigene Musik mitgebracht.

Claudia Wronna: Gab es über die Musik hinaus auch andere Schwerpunkte?

Detlev Wiese: Ja, natürlich. Wir wollten natürlich einen Beitrag leisten, dass diese Menschen, die unfreiwillig geflüchtet oder vertrieben wurden, dass die hier auch richtig ankommen. Und dazu war es eben erforderlich, dass man auch diesen Merkelspruch damals „Wir schaffen das!“ auch vor Ort versucht umzusetzen. Und wir wollten mit unserer Medienarbeit, die ja in erster Linie ehrenamtlich war (wir wurden unterstützt von Profis von oeins, aber viele Redaktionsmitglieder haben ehrenamtlich mitgearbeitet), dass diese ehrenamtliche Arbeit einen Beitrag leistet, dass die Menschen hier gut ankommen, dass Sprachbarrieren überwunden werden, dass sie eine Wohnung finden und vielleicht auch beruflich Fuß fassen, was ja in Rückbetrachtung auf die Jahre ja auch sehr gut gelungen ist.

Claudia Wronna: Wie viele Sendungen sind denn entstanden im Rahmen von Radio Globale?

Dörthe Bührmann: Also wir haben ja einen festen Sendeplatz gleich eingerichtet. Einmal in der Woche, mittwochs, 19 Uhr, und haben auch gleichzeitig ein ganz tolles Musikpool aufgebaut. Bis heute gibt es die lange Radio Globale Musiknacht, wo wir Musik aus allen Ländern dieser Welt zugetragen, auch von Migranten und Migrantinnen, aber auch den verschiedenen Labels, also wirklich auch eine ganz spezielle Musik, den Hörerinnen und Hörerinnen bieten. Und das ist schon ein richtig tolles Alleinstellungsmerkmal, wo auch andere Kollegen-Sender immer sagen: „Wow, da habt ihr ja wirklich was Tolles initiiert. Das ist schon ganz prima.“ Ich möchte auch noch mal gerne ergänzen: das Wichtige waren uns auch diese sogenannten Mixed Teams, also die Redaktion besteht aus halbe-halbe Menschen, die eben zugewandert oder geflüchtet sind und Menschen, die hier in Oldenburg leben und aufgewachsen sind. Und dass wir in einer gemeinsamen Produktion sozusagen gearbeitet haben, dass da eben nicht dieses Helfersyndrom sozusagen im Mittelpunkt stand, sondern wirklich gemeinsam was entwickeln. Und alle tragen etwas dazu bei. Und da entsteht dann ein gemeinsames Produkt, eine Sendung, die dann auch noch für die Oldenburger Bevölkerung von interessant sein kann. Einfach zu hören: Wow, was leben hier für unterschiedliche Menschen auch mit ihren Geschichten.

Detlev Wiese: Ich habe gerade mal so überschlagen. Ich glaube an die 500 Sendung kommen wir garantiert über die acht Jahre heran.

Claudia Wronna: Toll. Und für dieses Gesamtprojekt, für diese gesamtredaktionelle Tätigkeit habt ihr den Integrationspreis 2017 gewonnen? Mit einem ganz besonderen Projekt hat Radio Globale 2021 noch mal den Integrationspreis gewonnen, und zwar für „Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2021 – Interkulturelle TV Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten.“ Wie seid ihr auf die Idee gekommen und was waren da eure Ziele bei.

Dörthe Bührmann: Ja, das ist in gewisser Weise eine Weiterführung unserer Arbeit, weil es geht ja immer auch um Teilhabe und die Situation, dass Menschen in unserer Stadt leben. Wir leben alle in unserer gemeinsamen Stadt Oldenburg. Und da ist die Frage: wer bestimmt eigentlich hier das politische Leben, das Alltagsleben? Und wie kommen Menschen, die wirklich auch nicht so vertraut sind mit dem politischen System, hier dazu, überhaupt zu wissen: wie ticken eigentlich Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen? Und da haben wir ich finde die tolle Idee gehabt, erst mal drei Menschen aus unserer Gruppe mit Migrationsgeschichte als Interviewerin zu bestimmen. Und dann haben wir in den Fraktionen nachgefragt, dass sie während der Kommunalwahl von ihren Kandidaten / Kandidatinnen nicht unbedingt die Profis schicken, sondern auch Neulinge. Und da ist dann was zusammengekommen, wo beide Seiten auch ja so ein bisschen neugierig waren, wie das wohl hinhaut. Und wir sind quer durch die Stadt gereist, waren in verschiedenen Stadtteilen. Und dann gab es eben die Begegnung zwischen Menschen, die die Politiker befragen nach ihren Eindrücken und Bedürfnissen, wie sie eigentlich den Alltag hier in Oldenburg erleben. Zum Beispiel: Was passiert in meinem Stadtteil? Was sind Nachbarschaften? Wo gibt es Treffpunkte? Wie ist das eigentlich mit der Arbeitsintegration? Warum ist es eigentlich so schwer, dass ich hier eine Arbeit finde? Und das war schon sehr, sehr spannend, weil das auch, denke ich, für die Politiker und Politikerinnen eine ganz neue Situation war, also nicht nur über Migrantinnen und Migranten zu sprechen, sondern miteinander. Und das haben wir aufgezeichnet und das ist nach wie vor auf YouTube zu sehen und war eine ganz tolle Erfahrung für alle Beteiligten.

Detlev Wiese: Und wenn ich, das noch ergänzen darf: es ging ja auch um ein Wahlrecht. Es gibt viele Leute bei uns in der Stadt, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, die aber seit Jahren hier leben, mit migrantischem Hintergrund und eigentlich kein Wahlrecht haben. Und das war vor der Kommunalwahl eigentlich auch noch mal ein Punkt, auch zu sagen: Achtung, soll man nicht diesen Menschen auch eine Stimme geben? Und zwar nicht im Radio oder im Fernsehen, sondern auch auf dem Wahlzettel?

Claudia Wronna: Das finde ich, ist eine ganz tolle Idee und ihr seid da immer auch mit dem Zeitgeist gegangen. Also Radio Globale hat sich unheimlich weiterentwickelt in den zehn Jahren seines Bestehens. Inzwischen ist es sogar ein Verein geworden und hat sich damit ja auch institutionalisiert. Womit beschäftigt ihr euch heute?

Detlev Wiese: Also natürlich wollen wir die Arbeit des Projektes Radio Globale mit unserem Verein fortführen, weil die Ziele nach wie vor nicht aus dem Auge verloren werden dürfen. Wir stellen fest, dass wir schwere Zeiten haben, was die Bewahrung von Menschenrechten anbetrifft, was die Bewahrung unserer Demokratie anbetrifft. Und wir haben festgestellt, nachdem die Projektgelder für die ersten beiden bewilligten Projekte ausgelaufen sind, dass nur eine rein ehrenamtliche Arbeit auf Dauer – das haben wir also im letzten Jahr leider feststellen müssen – nicht möglich ist. Das Projekt stirbt dann und deswegen haben wir uns auf Vereinsfüße aufgestellt, sind mittlerweile eingetragener Verein und können jetzt eine Unterstützung bekommen, weil wir diese finanzielle Unterstützung auch für diese Arbeit benötigen. Und da haben wir natürlich einen tollen Sponsor mit der Stadt Oldenburg gefunden, die uns da unterstützen.

Claudia Wronna: Welche Botschaft, welchen Wunsch habt ihr für die Zukunft?

Dörthe Bührmann: Also ich, die ich ja mal dieses Projekt angeschoben habe, finde es ganz, ganz toll, dass ihr über den Verein das jetzt verstetigt. Weil ich finde nach wie vor, es ist so wichtig, unterschiedliche Stimmen hörbar zu machen. Und wir leben jetzt ja in einer Zeit, wo sich die Gesellschaft so polarisiert und gegeneinander geht. Deswegen finde ich es richtig, richtig gut, den oeins und die Sendemöglichkeit wirklich zu nutzen. Und wir haben immer gesagt: Sprache ist natürlich eine Barriere, aber Mut zur Lücke. Und es ist natürlich auch toll und das weiß ich von Anbeginn, ich hatte einen großen Respekt, dass Menschen, die nicht muttersprachlich deutsch sind, schon auch in den Medien sich äußern.

Detlev Wiese: Und wir wollen natürlich auch Menschen bitten, sich zu engagieren für die Bewahrung unserer Demokratie. Und dazu bieten wir eine Plattform und bitten einfach viele Leute: Habt Lust, traut euch, kommt mit und gebt eurem Anliegen eine Stimme und ein Gesicht. Ihr könnt bei uns Sendungen mit produzieren.

Claudia Wronna: Vielen herzlichen Dank! Toll, dass ihr so engagiert in den letzten Jahren daran gearbeitet habt. Vielen Dank für viele tolle Sendungen, die man beim oeins noch hören kann. Alles Gute für die Zukunft. Tschüss!

Dörthe Bührmann: Vielen Dank.

Detlev Wiese: Dankeschön.

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025