Mitschrift zur Podcast Episode 2
Podcast zur Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis
Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehn minütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.
Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen heute hier bei uns zu Gast sind Karoline Khan, Schulsozialarbeiterin an der BBS Haarentor, Katharina Wiens Schülerin an der BBS Haarentor, damals noch in der Sprachlernklasse, und Margit Ostern, Lehrerin am BZTG. Nicht dabei sind Hanna Puka und Lina Joost-Krüger vom Oldenburgischen Staatstheater, die dort als Theaterpädagoginnen tätig sind. Karoline, erzähl uns doch mal mit welchem Projekt habt ihr euch 2022 beworben? Worum ging es da?
Karoline Khan: Wir wurden ausgezeichnet für unser Projekt „Schule, Spiel, Theater - Zutritt gesucht.“ Das ist eine Cokreation gewesen von zwei Sprachlernklassen, einmal von der BBS Haarentor und der BBS Wechloy sowie der Berufseinstiegsschule 2 vom BZTG. Und wir haben ein Theaterstück produziert, welches wir selber geschrieben haben. In Anlehnung an den unvollendeten Roman von Kafka „Das Schloss“. Da ist eine schöne szenische Collage entstanden, wo es um die Themen Trauer, Wut, Träume geht – von ganz vielen jungen Menschen, die so an der Schwelle des Berufslebens stehen: Jugendliche, die neu in Deutschland sind, die die Sprache noch nicht können, aber auch Jugendliche, die versuchen, einen Schulabschluss zu machen. Und das Ganze ist einfach sehr symbolisch, weil es einfach darum geht, in dieses Schloss reinzukommen. In dem Roman geht es um den Herrn K. Der versucht, an der Schlossbehörde vorbei zu kommen, um dort als Landvermesser zu arbeiten. Er kommt einfach nicht in dieses Schloss rein und er muss immer wieder hören: „Wo ist deine Erlaubnis, wo ist deine Erlaubnis?“ Und genau das erleben unsere Schüler und Schülerinnen, wenn sie hier neu in Deutschland sind. Dass es einfach schwierig ist, in dieses Schulsystem reinzukommen, in dieses Ausbildungssystem oder auch für Schüler und Schülerinnen, die versuchen, einen Schulabschluss nachzuholen, dass sie hier einfach nicht reinkommen.
Claudia Wronna: Okay. Und wie viele Schülerinnen und Schüler haben daran teilgenommen?
Karoline Khan: Insgesamt waren es 23 Schüler und Schülerinnen.
Claudia Wronna: Eine habt ihr ja heute auch mitgebracht, die Katharina Wiens.
Katharina Wiens: Hallo.
Claudia Wronna: Hallo. Wie erging es dir dabei?
Katharina Wiens: Ehrlich gesagt war es für mich am Anfang eine totale Katastrophe, weil ich zu schüchtern war und kaum Deutsch sprechen konnte. Aber Frau Khan hat mit mir viel gesprochen, also darüber gesprochen, und alle Theaterleute waren sehr, sehr nett zu mir und deswegen habe ich mich langsam beruhigt.
Claudia Wronna: Schön. Wie muss ich mir das genau vorstellen? Wie oft habt ihr euch getroffen? Wo habt ihr euch getroffen? Wie lange war der Zeitraum dieses Projekts? Wie muss ich mir das vorstellen?
Karoline Khan: Also das Projekt hat im August 2021 gestartet und wir haben uns dann einmal wöchentlich im Probenzentrum des Oldenburgischen Staatstheaters zum Proben getroffen, jeweils für zweieinhalb Stunden. Und damals war halt noch Corona. Es war also sehr herausfordernd. Wir mussten oft Tests machen und dann war es im Januar so, dass wir dann eine Intensivprobenwoche hatten und da war das noch komplizierter mit PCR testen und so weiter und so fort. Und ganz viel Hoffen und Bangen, dass alle Schüler irgendwie dabeibleiben konnten. Da hatten wir eine ganze Woche Probe und haben dann insgesamt drei Auftritte gehabt. Und dann haben wir uns für das Theatertreffen der Jugend in Berlin beworben und sind da in die Zwischenauswahl gekommen. Und dann ging es weiter. Und jetzt würde ich einmal übergeben an meine Kollegin Margit Ostern.
Margit Ostern: Ja, es war ganz wunderbar, weil wir zu den acht besten Gruppen bundesweit gehört haben. Und dann war das ein weiterer Schritt in die Integration und Partizipation dieser jungen Menschen. Denn dort haben sie acht verschiedene Gruppen gesehen. Sie haben sich ausgetauscht, sie haben Fachgespräche absolviert, sie waren in Workshops, aber vor allen Dingen: sie haben als Gruppe Berlin und Theater kennengelernt und da ist die Gruppe nochmal zusammengewachsen. Und dort haben die Jugendlichen auch verstanden, dass sie etwas Besonderes sind, dass sie ausgewählt worden sind als Gruppe.
Claudia Wronna: Okay, es gab also viele tolle Momente. Hier die Vorführung in Oldenburg waren bestimmt auch gut besucht, wenn von 23 Schülerinnen und Schüler alle Eltern und Angehörigen und Freunde dabei waren. Wie war die Stimmung?
Karoline Khan: Die Stimmung war super. Also da immer noch die Corona-Zeit war, war es halt so, dass wir tatsächlich im kleinen Haus auftreten konnten. Und das war eine Riesennummer für uns alle, weil normalerweise können da keine Jugendgruppen rein. Und es war sicherlich eine Bereicherung auch für alle Mitarbeitenden im Theater zu sehen, dass diese Jugendlichen einfach so toll auf der Bühne gespielt haben. Mit ganz, ganz viel Herz, mit ganz viel Emotionen. Die haben da ihr Herz wirklich rausgespielt. Das Haus konnten wir leider nicht voll machen, was an Corona lag. Deswegen war es umso schöner, als wir dann halt in Berlin waren und das Haus dann wirklich voll war und die einfach super toll gespielt haben.
Claudia Wronna: Tolle Erfahrung!
Margit Ostern: Ja, für uns alle absolut voll. Aber in Oldenburg war es auch schon ein Geheimtipp und man ging dahin. Also da kann man nicht nur sagen Eltern, Freunde, Familie. Man hörte sich das an, man sprach darüber und dann war man da und das kleine Haus ist größer als die Exerzierhalle. Doch sie war ganz gut gefüllt.
Claudia Wronna: Schön.
Margit Ostern: Das kann man sagen!
Claudia Wronna: Das ist ja ein ziemliches Erfolgsprojekt. Können wir dann auf eine Fortsetzung hoffen oder könnt ihr auf eine Fortsetzung hoffen?
Karoline Khan: Fortsetzungen gab es auf jeden Fall schon. Wir haben tatsächlich danach noch zwei weitere Projekte gemacht. Da aber nur mit einer Sprachlernklasse vom Staatstheater und dann mit unterschiedlichen Schulformen vom BZTG. Es gab schon zwei weitere Fortsetzungen. Und einige Jugendliche von Zutritt gesucht haben es tatsächlich auch in die Jugendclubs beziehungswiese in das Stadtensemble des Oldenburgischen Staatstheaters geschafft. Und wir sind weiterhin dabei und das nächste Projekt ist schon geplant. Das ist offiziell, oder?
Margit Ostern: Wir machen es ja schon. Also wir haben jetzt ein Projekt laufen gehabt / vielleicht läuft es noch: „Flügelschläge“, wo wir uns wieder mit ähnlichen Gruppen, dieses Mal mit Ikarus und Dädalus auseinandersetzen. Und das hat auch mit großem Erfolg stattgefunden in der Exerzierhalle. Natürlich waren Familie da, natürlich Freunde, aber auch da war es restlos ausverkauft und wir werden im nächsten Jahr ein ähnliches erfolgreiches Projekt in der gleichen Sparte, ich würde mal sagen planen und vielleicht auch schon in der Umsetzungsphase sein. Es ist einfach sehr erfolgreich mit Theater Menschen zu erreichen, junge Menschen zu erreichen, sich als Gruppe zusammenzufinden, die deutsche Sprache als nicht schlecht zu empfinden. Wobei ich sagen muss wir nehmen auch immer Aspekte der anderen Sprachen mit hinein. Und so haben wir ein wunderbares Miteinander. So wie es auch eigentlich sein sollte.
Claudia Wronna: Katharina, was nimmst du mit aus dem Projekt?
Katharina Wiens: Ich habe das schon einmal zu Frau Khan gesagt, aber ich sage es gerne nochmal: Dieses Theaterprojekt hat mir total geholfen, keine Angst mehr vor dem Sprechen zu haben. Ich melde mich jetzt ohne Probleme im Unterricht, gehe alleine zum Arzt und denke mir immer, ich stand auf einer Bühne in einem echten Theater und dann noch in Berlin. Warum sollte ich jetzt noch Angst haben?
Claudia Wronna: Super, sehr schön. Und vielleicht noch eine Abschlussfrage an Sie beiden: Welche Botschaft habt ihr? Oder welchen Wunsch habt ihr für die Zukunft?
Karoline Khan: Gerade in diesen politischen Zeiten ist es total wichtig, mit Jugendlichen zusammenzuarbeiten, die am Rande der Gesellschaft stehen. Diese Jugendlichen dabei zu unterstützen, ihren Weg in diese Gesellschaft zu finden, dass sie integriert werden, dass sie es schaffen, zur Schule zu gehen, eine Ausbildung zu machen. Und es ist einfach, glaube ich, auch ein kreatives und politisches Statement von uns, dass wir gerne weitermachen wollen und dass wir weitermachen.
Margit Ostern: Ich kann mich dem nur anschließen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Claudia Wronna: Das ist ein sehr schönes Schlusswort. Ich bedanke mich ganz herzlich und wünsche Euch weiterhin viel Erfolg für diese wunderbare Arbeit. Vielen Dank, dass ihr hier wart.
Margit Ostern: Vielen Dank auch.
Karoline Khan: Dankeschön.
Katharina Wiens: Danke.
Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »
Zuletzt geändert am 8. Juli 2025