Mitschrift zur Podcast Episode 20

Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehn minütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Heute habe ich Carolin Selig vom Verein Refugees Welcome in Sports aus Oldenburg hier bei mir zu Gast. Ihr seid im Jahr 2021 mit dem Oldenburger Integrationspreis ausgezeichnet worden. Carolin, Du bist stellvertretende Vorsitzende und Gründungsmitglied des Vereins. Erzähl uns doch mal kurz „Wie kam es dazu? Was waren die Motivation und die ersten Schritte zu diesem Verein?“

Carolin Selig:  Ja, auch hallo von meiner Seite erstmal. Das Projekt ist tatsächlich als Universitätsprojekt entstanden. Wir Kommilitoninnen und Kommilitonen, die das Projekt gegründet haben, waren alles Studierende der Sportsoziologie an der Uni hier in Oldenburg. Wir hatten die Aufgabe, ein Semester lang irgendein Projekt zu machen. Es war 2014, und wir haben halt beobachtet, dass es viele Projekte von Sportvereinen gab, die aber nicht so richtig die Interessen der Angesprochenen, also der geflüchteten Menschen, getroffen haben. So dass wir uns überlegt haben, wir machen ein Angebot, was speziell auch geflüchtete Menschen in Oldenburg anspricht. Dann haben wir das gestartet, hatten die ersten Angebote und es lief einfach super. Es kamen sehr, sehr viele Menschen zu den Angeboten. Wir hatten sehr schnell sehr gute Kontakte zu anderen Institutionen hier in Oldenburg, sodass wir dachten, wir stampfen das nicht ein, wenn das Semester und der Projektzeitraum zu Ende sind, sondern dann haben wir es weitergemacht. 

Claudia Wronna: Okay. Was waren die ersten Sportangebote, die ihr so gestartet habt? 

Carolin Selig: Ja, wir sind gestartet mit einem gemischten Angebot, weil wir uns auch nicht so richtig sicher waren, was eigentlich so ankommt? Und da hatten wir noch nicht so viel Möglichkeit, auch mit den Menschen zu sprechen. Deswegen sind wir gestartet mit Fußball, Volleyball, Basketball in der Uni-Sporthalle und dann haben wir geguckt, was am beliebtesten war. Und daraus sind dann die Angebote entstanden und haben sich immer mehr ausdifferenziert.

Claudia Wronna: Was ist das Besondere an eurem Verein? Wie grenzt ihr euch ab? Oder gibt es irgendwie einen Unterschied zu den anderen traditionellen Sportvereinen? 

Carolin Selig: Ja, unser Angebot spricht vielleicht die Menschen an, die sonst eher keinen guten oder keinen einfachen Zugang zu dem organisierten Sport haben. Also unsere Angebote sind kostenfrei oder kostengünstig. Man muss kein Mitglied werden, man kann unverbindlich teilnehmen, das heißt, man kann mal kommen, man muss nicht ständig kommen, es gibt keinen Ligabetrieb, so dass wir einfach nur aus Spaß spielen können. Es geht mehr um Begegnung, es geht nicht um das Leistungsprinzip. Viele Leute, die beispielsweise in unserem Basketballangebot sind, haben vorher vielleicht auch nie Basketball gespielt und haben es darüber dann gelernt. Und andere, die sich in dem Fußballangebot treffen, haben vielleicht auch schon Fußball gespielt, haben dann aber die Möglichkeit, da außerhalb des Ligabetriebes ein bisschen zu bolzen und sich zu begegnen. 

Claudia Wronna: Ist es auch so, dass die Teilnehmer mitbestimmen, welches Angebot geschaffen wird. Also hat man da ein Mitspracherecht? Oder überlegt ihr euch, was interessant sein könnte. 

Carolin Selig: Ich denke sowohl als auch. Unser Credo ist schon, dass es auch ein partizipatives Angebot sein soll, dass es halt immer danach ausgerichtet ist. Was für Interessen haben eigentlich die Leute, die das Angebot besuchen oder potenziell das Angebot besuchen könnten? Aber natürlich geht es auch nach unseren Stärken und Interessen. Ich meine, ich könnte jetzt keinen Taekwondo Kurs anbieten, wenn ich es gar nicht kann. Und deswegen ist es glaube ich, immer eine gemeinsame Sache. Was wir haben, hat sich über die Zeit auch sehr gewandelt, je nachdem, was für Teilnehmer*innen da waren. Wir hatten zwischendurch Teilnehmer*innen, die sehr Choreografie-orientiert waren. Das war so eine Gruppe Jugendliche im Endeffekt und dann haben wir Choreografien mit denen getanzt und jetzt gerade ist es eher ein Fitness- und Yogaangebot. Also wir versuchen schon immer noch ein bisschen bedürfnisorientiert zu sein in den Grenzen, die es dann vielleicht auch gibt. Vom Organisatorischen her. 

Claudia Wronna: Also inhaltlich hat es sich auf jeden Fall weiterentwickelt und wurde immer mehr ausgebaut oder auf die individuellen und aktuellen Bedarfe reagiert. Aber auch organisatorisch hat sich einiges verändert. Ihr seid habt irgendwann einen gemeinnützigen Verein gegründet und seid auch ein … jetzt musst Du mir helfen … 

Carolin Selig: …wir sind ein Stützpunkt-Verein geworden. 

Claudia Wronna: Genau. 

Carolin Selig: Ja, das ist richtig. Nach der Initiierung in der Uni haben wir uns natürlich auch gefragt „Wie kriegen wir jetzt eigentlich darüber hinaus Hallenzeiten oder irgendwelche Gelder, die es dann für Materialien, für Trikots, für Bälle irgendwie auch mal braucht?“ Und da war klar, wir müssen irgendeine Institution werden oder irgendein Verein im Endeffekt. Wir haben uns dafür entschieden, explizit ein Sportverein zu werden, um auch einfach eine Ergänzung zum bestehenden Sportvereinswesen darzustellen. Wir wollen da kein Ersatz für irgendwas Anderes sein. Es ist gut, dass es verschiedene Vereine gibt, so wie wir denken und da kann es auch ein Übergang sein von „Leute sind neu und kennen das Sportvereinswesen vielleicht nicht.“ Und dann haben sie einen niedrigschwelligen Zugang zu unseren Angeboten, wo auch Sprache vielleicht nicht so das Ding ist wie bei anderen Sportvereinen. Wir haben auch schon viele Leute, die dann Interesse hatten, z.B. am Ligabetrieb, einfach weiterverwiesen an schon etablierte Sportvereine. Und das ist natürlich auch ein Punkt, weswegen wir ein Sportverein sind, weil ja auch einfach Gelder nötig sind. Ohne Gelder kein Betrieb. Und da hatte die Unterstützung oder die Finanzierung vom Landessportbund uns die letzten Jahre sehr, sehr gut finanziert. Das war eine Hilfe, dass dann die Ausgaben, die wir haben, nicht über die Mitgliedsbeiträge generiert werden müssen, sondern dass es da die Möglichkeit für die Leute gibt, teilzunehmen, Mitglied werden zu können und damit ja auch ein gewisses Mitspracherecht in einem Verein zu haben. Aber nicht die Not, Mitglied zu werden, weil wir uns darüber finanzieren müssen. Aber wir müssen und auch stetig um neue Finanzierungsmöglichkeiten kümmern.

Claudia Wronna: Und das steht auch gerade an. Also du sagtest eben, ihr habt diese Förderung des Landessportbundes in der Vergangenheit bekommen, jetzt läuft das aus. 

Carolin Selig: Ja, die Finanzierungszeit ist gedeckelt über einen gewissen Zeitraum und da laufen wir jetzt Ende des Jahres raus, was natürlich jetzt mit viel Aufwand verbunden ist. Wir sind gerade dabei, auch städtische Gelder beantragen zu wollen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, im Integrationsausschuss vorsprechen zu dürfen und ja, wir machen jetzt ein bisschen Klinkenputzen bei den Vereinen. 

Claudia Wronna: Vielleicht hilft ja dieser Podcast auch ein bisschen dabei, dass man auf euch aufmerksam wird. 

Carolin Selig: Das wäre natürlich wunderbar, wenn jetzt ganz viele Politiker*innen zuhören und sehen, dass das einfach eine ganz tolle Sache ist. Das darf einfach im Oldenburger Sport- und Integrationsraum nicht fehlen. 

Claudia Wronna: Carolin, hast du ein besonderes Erlebnis oder zwei, die bei dir so hängengeblieben sind über die letzten Jahre, von denen du hier noch berichten möchtest? 

Carolin Selig: Ja, also die letzten zehn Jahre ist schon viel passiert. Ich glaube, was ich immer sehr eindrücklich und auch herzerwärmend finde, wenn wir zum Beispiel unser jährliches Sport-Sommerfest auf der Dobbenwiese machen. Da kommen immer viele Leute zusammen, die vielleicht gar nicht mehr aktiv in den Sportangeboten sind, nicht mehr teilnehmen. Die haben vor acht oder vor zehn Jahren ganz, ganz früh angefangen, mit uns da Sport zu treiben, haben jetzt andere Verpflichtungen oder Interessen, aber kommen trotzdem immer noch vorbei. Und dann treffe ich da manchmal Menschen, die ich als Kinder oder Jugendliche kennengelernt habe. Die sind jetzt plötzlich irgendwie erwachsen und haben vielleicht sogar schon eigene Familien oder machen jetzt eine Ausbildung oder spielen Volleyball im Verein oder, oder oder. Und das ist schön, dass es trotzdem noch scheinbar ein relevanter Anlaufpunkt für viele verschiedene Menschen ist. 

Claudia Wronna: Toll! Das ist schön. Und vielleicht eine letzte kurze Frage, einfach, weil ich neugierig bin …  Wofür habt ihr das Preisgeld verwendet? 

Carolin Selig: Ja, weil wir auch über den Sport hinaus noch ein bisschen attraktive Angebote gestalten wollen und sich das auch tatsächlich Teilnehmende von uns gewünscht haben, sind wir von dem Geld gemeinsam mit allen, die wollten, in den Heidepark gefahren. 

Claudia Wronna: Ach wie schön. 

Carolin Selig: Ja, das ist ja irgendwie auch so ein sportliches Event, wenn man in so einer Achterbahn sitzt. Da haben wir halt alle, die Interesse hatten, eingepackt und hatten einen richtig schönen Tag. Und gerade solche Aktivitäten wie so einen großen Spaß-Park zu besuchen, steht nicht unbedingt allen Menschen zur Verfügung aus finanzieller Hinsicht. Da haben wir uns nochmal auf eine ganz andere Art und Weise kennengelernt. 

Claudia Wronna: Ja, ich hatte leider nicht das Glück, dabei zu sein. Aber die, die dabei waren, die hatten glaube ich sehr, sehr viel Spaß. Habe ich auf jeden Fall auf den Fotos gesehen. Schön. Vielen Dank für eure tolle Arbeit. Wir wünschen euch ganz viel Erfolg, dass es auch weiter so geht und dass ihr finanziell ordentlich unterstützt werdet. Macht weiter so und alles Gute! 

Carolin Selig: Ja, ich danke auch. 

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025