Mitschrift zur Podcast Episode 12

Podcast zur Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehnminütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Heute habe ich hier die Johanniter-Unfall-Hilfe zu Gast und zwar einmal die Helene Frieden, Leiterin der Stabsstelle Integration der Johanniter-Unfall-Hilfe und Herrn Stefan Greiber, Sprecher des Regionalverbandes Weser Ems der Johanniter-Unfall-Hilfe. Herzlich willkommen! Schön, dass ihr da seid.

Helene Frieden: Vielen Dank, schön, dass wir hier sein dürfen.

Claudia Wronna: Ihr habt damals 2019 den Integrationspreis gewonnen für euer Projekt „Erste-Hilfe ohne Grenzen 2.0.“ Erzählt doch mal, worum ging es da in dem Projekt?

Helene Frieden: Ja, worum ging es bei „Erste-Hilfe ohne Grenzen 2.0“? Das Projekt fußt auf einem Projekt, was vorher gelaufen ist bei uns. Das hieß „Erste Hilfe ohne Grenzen.“ Da haben wir Erste-Hilfe-Kurse angeboten für Menschen mit Flucht und Migrationsgeschichte, wo wir parallel zu den Inhalten des Erste-Hilfe-Kurses auch Deutschkenntnisse und etwas über die deutsche Kultur et cetera vermittelt haben. Das war ein Projekt, ein Jahr ist das gelaufen von ich glaube Juni 2018 bis Juni 2019. Dort hatten wir 130 Teilnehmende an sechs Standorten bei uns im Regionalverband. Und dieses Projekt hat auch uns als Johanniter so begeistert und es hat uns so eine Freude gemacht, dass wir gesagt haben: Mensch, da können wir doch was drauf aufbauen. Und dann kam die Idee mit „Erste-Hilfe ohne Grenzen 2.0“, weil wir haben gesagt: okay, wir haben jetzt Erste-Hilfe Kenntnisse vermittelt. Inwieweit schaffen wir es auch, Menschen mit Migrations- und/oder Fluchtgeschichte zu Erste-Hilfe Trainerinnen und Trainer auszubilden? Und so ist diese Idee entstanden. Und so haben wir dann das Ganze angefasst bei uns im Regionalverband.

Claudia Wronna: Wie viele Teilnehmer gab es denn? Und aus welchen Ländern kamen die und wie waren so die Erfahrungen, die ihr gemacht habt?

Helene Frieden: Wenn ich jetzt die Länder aufzähle, dann sitzen wir hier noch sehr, sehr lange. Es waren tatsächlich 23 Länder weltweit. Geplant hatten wir im Grunde genommen, also die Zielvorgabe war, dass wir 30 Teilnehmende gewinnen, von denen wir 16 zu Erste-Hilfe Trainerinnen und Trainer ausbilden wollten. Wir hatten nachher weit über 50 Teilnehmende.

Claudia Wronna: Toll, Klasse! Und wie waren so eure Erfahrungen?

Helene Frieden: Die waren sehr, sehr positiv. Wir haben halt gemerkt, dass dieses Projekt eine Dynamik aufgenommen hat. Wir haben gesagt, wir möchten es in drei Standorten umsetzen, in Aurich, in Oldenburg und Osnabrück. Und wir sind da rangegangen mit sehr, sehr viel Motivation schon auf Basis des vorangegangenen Projektes und konnten sehr schnell Menschen gewinnen. Wenn wir aber uns den Bericht noch mal anschauen, stellen wir halt fest, dass die Initialmotivation eine sehr hohe war, die dann aber graduell auch abgenommen hat. Nichtsdestotrotz hatten wir bis zum Pandemiebeginn tatsächlich eine sehr, sehr hohe Teilnahme. 

Claudia Wronna: Also das Interesse war groß, daran mitzumachen.

Helene Frieden: Das Interesse war sehr groß, tatsächlich.

Claudia Wronna: Toll!

Helene Frieden: unser Wunsch war ja, dass die Teilnehmenden sich qualifizieren auf diesem Weg, darüber auch die Johanniter-Unfall-Hilfe kennenlernen und sich im Anschluss bei uns ehren- oder auch hauptamtlich dann engagieren. Das war der Ansatz.

Claudia Wronna: Und hat das Projekt noch nachgehallt? Seid ihr immer noch aktiv im Themenbereich Vielfalt in die Johanniter bringen?

Helene Frieden: Ja, auf jeden Fall. Weil dieses Thema ist natürlich für uns sehr, sehr wichtig. Zumal wir seit diesem Projekt oder sagen wir mal seit 2015/16 dieses Thema sehr, sehr stark mit auf die Agenda genommen haben. Und vielleicht möchtest du, Stefan, noch mal was zu der Nachhaltigkeit sagen, die Lernschritte, die wir aus dem Projekt hatten und was es für uns praktisch bedeutet. 

Stefan Greiber: Ja, Erste-Hilfe ohne Grenzen 2.0 ist letztendlich so was Ähnliches wie ein Baustein gewesen in einem größeren Kontext, in dem wir versuchen, Menschen zu begeistern. Einerseits natürlich in unserer Organisation tätig zu werden, sowohl ehrenamtlich als auch auf lange Sicht, vielleicht auch hauptamtlich. Für uns ist das unfassbar wichtig, weil wir natürlich auch Menschen dazu bringen müssen, sich zu entwickeln, damit wir in der Lage sind, weiterhin unsere Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. Wir haben ja sehr viele Dienstleistungen, die wir am Menschen erbringen, sei das nun die ambulante Pflege, die Betreuung, den Bereich Erziehung und Bildung, also beispielsweise in unseren Kitas. Und da sind wir einfach darauf angewiesen, sehr viele Menschen zu gewinnen, die halt in diesen Bereichen weiter tätig sein wollen. Und wie sagtest du vorhin so schön: 30 % unserer Bevölkerung haben inzwischen Migrationsgeschichte in irgendeiner Form, sei es eigener Erfahrung oder aus der Elternschaft oder sowas. Und wir brauchen diese Menschen einfach, um weiterhin unsere Leistungen aufrechterhalten zu können. 

Claudia Wronna: Und bildet sich das, also 30 Prozent Menschen mit Migrationsgeschichte, in der Bevölkerung auch schon in 30 Prozent Mitarbeiter bei den Johannitern ab?

Stefan Greiber: Ich glaube es sind deutlich mehr sogar schon. Also wir haben keine Statistik in der wir das nachweisen können, weil für uns ist jeder Mensch erst mal gleich. Also wir behandeln jeden Menschen gleich und erfassen nicht, ob er eine Migrationsgeschichte hat. Das kann man so ein bisschen aus den Namen vielleicht ablesen, aber auch da weiß man nicht, ob die vielleicht schon seit drei Generationen in Deutschland leben. Das ist ja auch durchaus möglich. Gefühlt – und das ist wirklich nur ein Gefühl! - gefühlt würde ich sagen, dass unser Anteil tatsächlich deutlich höher ist, weil wir einfach in vielen Bereichen auch aktiv sind in der, ich sage mal, kulturell auch diese Menschen sehr viel Begeisterung auch mitnehmen und sich dort auch sehr einbringen können. 

Claudia Wronna: Viele Unternehmen wünschen sich das, glaube ich, heutzutage auch, sich vielfältiger, diverser aufzustellen. Sie haben da ja schon ganz viel Erfahrung. Was können Sie anderen vielleicht auch mitgeben? Wie kann man das gut umsetzen? Oder was gibt es dabei für Herausforderungen und Stolperfallen, woran es auch scheitern könnte vielleicht?

Helene Frieden: Stolperfallen gibt es immer, die gibt es aber in jedem zwischenmenschlichen Prozess. Das muss man schon mal festhalten. Wichtig ist tatsächlich, sich zu öffnen und ein sogenanntes Schubladendenken – das darf nicht passieren. Wir dürfen nicht verallgemeinern und sagen „das sind die Ausländer“ oder „das sind die Afrikaner“ oder wie auch immer. Das heißt, das Stigmatisieren von Menschen mit Migrationsgeschichte ist das Schlimmste, was wir machen können. Weil, wie Stefan gerade sagte, für uns ist es eine enorme Bereicherung, dass diese Menschen zu uns kommen und uns unterstützen in dem, was wir tun, zum Beispiel im ehrenamtlichen Bereich. Wir sind ja auch in der Betreuung von Geflohenen sehr stark unterwegs hier im Regionalverband Weser Ems. Und auch dort haben wir ehrenamtliche Migrantinnen und Migranten, die uns dort unterstützen, die unsere Arbeit unterstützen. Und ich kann mich erinnern an eine Situation, da gab es irgendwie so ein Festival, das war Open Air und wir hatten so eine Hüpfburg, so eine Sache haben die Johanniter, haben wir aufgebaut und dann hatten wir eben Helfende aus der Einrichtung dort. Das sind auch alleinreisende Männer. Und auf dem Rückweg dann zu dem Wohnort, wo sie wohnen, dann sagte ich: „ich kann euch gar nicht genügend danken, wie ihr uns hier heute geholfen habt und ihr habt das mit unterstützt und aufgebaut.“ Und wo der eine junge Mann dann sagte: „Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar wir euch sind, dass wir hier sein dürfen, dass ihr uns helft, dass ihr uns unterstützt, dass ihr uns den Weg hier auch zeigt.“ Und das ist ganz, ganz wichtig. Ein zentraler Aspekt bei dieser ganzen Geschichte ist aus meiner Perspektive der gegenseitige Respekt. Denn nur, wenn wir allen Menschen respektvoll begegnen, dann können sie uns auch respektvoll begegnen. Und dann schaffen wir auch, etwas zusammen zu schaffen in dieser Gesellschaft.

Claudia Wronna: Das ist auch eine Begegnung auf Augenhöhe. Darauf kommt es an! Ja, das war ja schon eine ganz tolle Botschaft, die Sie hier auch mitgeteilt haben. Ich bedanke mich ganz herzlich für das Interview und machen Sie weiter so! Vielen herzlichen Dank!

Helene Frieden: Wir danken auch. Vielen Dank!

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025