Mitschrift zur Podcast Episode 7

Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehnminütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Ich habe heute Wilhelm Schwanken von der Spielefeuerwehr hier in Oldenburg bei mir zu Gast und Claudia Päsler, die Leitung des begleitenden Dienstes im Caritas Alten- und Pflegeheim Sankt Josef. Herzlich willkommen! Schön, dass ihr da seid. Ihr habt 2023 den Integrationspreis gewonnen für ein Projekt unter dem Namen „Mittendrin im Leben – Gemeinsam statt einsam.“ Wilhelm, was hat es damit auf sich? Wie ist das zustande gekommen? Wie ist die Idee für dieses Projekt geboren?

Wilhelm Schwanken: Ja, eigentlich ist das eine lange Geschichte, aber viel Zeit haben wir ja meistens nicht. Aber ganz kurz gesagt: ich mache schon seit vielen Jahren eine Ferienbetreuung, meistens für einzelne Firmen auf deren Betriebsgelände. Und eines Tages ist dann mal der Wunsch entstanden, dass wir auch in den Oster- und Herbstferien eine freie Ferienbetreuung machen, die wir dann so gestalten, dass sie eben nicht auf den jeweiligen Geländen der einzelnen Betriebe ist, wo dann sich jeder bewerben kann. Und das war eigentlich kurz vor der Corona-Zeit. Und in der Corona-Zeit ist damals auch noch mal besonders deutlich ein Thema geworden, was mir besonders am Herzen liegt. Neben den Kindern, also die Kinder für die Ferienbetreuung: das sind nämlich die Alten und Senioren unter uns, die in meinen Augen… die wir immer mehr verlieren, kann man sagen, sie rücken immer mehr aus dem Blickfeld unserer Gesellschaft. In der Corona-Zeit kamen Sie noch einmal ganz kurz wieder medial auf den Plan, aber eher mit dem Nebenthema, dass wir ein Problem in der Pflege haben. Und ich musste damals ein Gelände suchen, wo wir dann diese Ferienbetreuung anbieten können und da ich schon einen guten Kontakt im Vorfeld zu diesem Caritaswohnheim hatte, lag es dann auch nahe, dass wir das vielleicht sogar miteinander verbinden. Und dann kam diese Idee, dass dann beide voneinander profitieren können. Wir haben ein tolles Gelände, wir sind damals, als ich die Idee vorgestellt habe, bei der Hausleitung Frau Hövelmeyer auf offene Ohren gestoßen. Sie hat sofort die Möglichkeiten dieses Projektes gesehen und hat uns da ganz herzlich willkommen geheißen. Und wir konnten die gesamte Infrastruktur nutzen. Wir brauchen keine Toiletten besorgen, wir haben alles, was wir brauchen und Ziel war es halt eben, diese Ferienbetreuung und das Seniorenheim zusammenzubringen und davon zu profitieren.

Claudia Wronna: Und Sie bringen dann immer ganz viel Equipment mit. Sie sind ja im Veranstaltungsbereich seit vielen Jahren tätig und kommen da mit Sack und Pack an und überfallen quasi das Pflegeheim und bringen ganz viel Leben wahrscheinlich auch mit.

Wilhelm Schwanken: Genau das beginnt schon mit dem ersten Tag des Aufbaus. Die Senioren freuen sich schon immer, wenn ich dann da mit dem Anhänger aufs Gelände gefahren komme. Wir bauen immer viele bunte Zelte auf, so kleine Zirkuszelte. Das ist dann für die einzelnen Projekte, die wir mit den Kindern machen. Und wir sind ja jetzt auch schon zum sechsten Mal dort beziehungsweise wird das sechste Mal jetzt sein in den Osterferien. Somit sind auch schon Bekanntschaften entstanden und die dann auch teilweise direkt zu mir rüberkommen und fragen: „Na geht's wieder los?“ Andere freuen sich auf jeden Fall und die Kinder natürlich auch, dass sie wieder da sein dürfen.

Claudia Wronna: Das heißt, ihr kommt dann mit pädagogischen Mitarbeitern, die ihr vorher ausgesucht habt und bietet unterschiedlichste Freizeitaktivitäten an.

Wilhelm Schwanken: Ja, so in etwa kann man das sagen. Also wir haben natürlich ein gewisses Konzept für diese Ferienbetreuung. Im Wesentlichen besteht es daraus, was mir persönlich immer wichtig ist: den Kindern auch bestimmte Werte zu vermitteln. Und Werte, die ich für sehr wichtig halte, ist halt eben: in der heutigen Zeit steht das Individuum meistens doch sehr stark im Vordergrund und ich halte das für keine gute Entwicklung. Und wir versuchen halt eben auch diese anderen Werte der Gemeinschaft wieder zu vermitteln, dass sie sich auch ein bisschen in diese Gemeinschaft integrieren, ihre eigenen Bedürfnisse vielleicht auch mal ein bisschen in den Hintergrund und mal zu schauen, was hat der andere denn für Probleme? Und wir geben den Kindern eine Struktur. Wir haben einen festen Tagesablauf. Zwischen acht und neun, ist immer dieselbe Zeit, ist immer Bringzeit. Da können die Eltern die Kinder bringen. Um 9:00 Uhr müssen alle da sein. Dann setzen wir uns alle gemeinsam an den Tisch und frühstücken. Wir beenden auch das Frühstück gemeinsam. Dann gibt es Gruppenspiele und dann werden die Kinder aufgeteilt unter den Betreuern, nach Interessensgebieten, in verschiedene Workshops. Dann gibt es eine feste Mittagessenszeit. Was wir übrigens auch in diesem Fall aus der Heimküche bekommen, was die Sache natürlich schon wieder erheblich erleichtert. Dann gibt es eine Stunde Mittagspause und dann geht das Nachmittagsprogramm letztendlich bis 4 Uhr weiter. Aber es ist für die Kinder immer derselbe Ablauf und ich merke, wie allein diese Tagesstruktur diesen Kindern eine gewisse Sicherheit gibt.

Claudia Wronna: Es ist eine ganz tolle Idee, da so unterschiedliche Zielgruppen miteinander zu verbinden. Claudia, wie wird das von Bewohner Seite aufgenommen, dieses Projekt? 

Claudia Päsler: Ja, also die Bewohner haben dadurch ein sehr großes Benefit. Die strahlenden Augen, wenn sie Kinder sehen – es ist einfach immer wieder auch so was fürs Herz. Wir hatten da eine ganz tolle Begegnung: da haben die Ferienkinder Luftballontiere gebastelt und haben diese an die Bewohner in unserem Wohngemeinschaftshaus für Menschen mit mittlerer und schwerer Demenz, aber auch im Haupthaus, verschenkt. Und die eine, Sarah, die hat da auch schon einen so tollen Draht zu dem ein oder anderen Bewohner, dass ich wirklich schon sagen würde, dass da Freundschaften entstehen zwischen Jung und Alt. Sie hat Lavendelkissen schon für die Bewohner genäht und nun war sie jetzt unterwegs und hat diese Ballontiere verschenkt. Und die eine Bewohnerin, ja, die hatte Pipi in den Augen, als sie da so ein schönes Ballontier bekam. Ist schnell – für einen Senior / Seniorin – in ihr Zimmer verschwunden und kam dann mit ganz vielen Süßigkeiten an. Und die Sarah, die hat sich so drüber gefreut, dass sie so Freude auch bereitet hat, fragte mich, ob sie die Bewohnerin umarmen dürfte und die Bewohnerin wurde schon ganz aufgeregt, freudig erregt, und ich meinte nur: „Frag sie doch.“ Und sie nickte nur, die Bewohnerin. Dann haben die beiden sich in den Armen gelegen und da war so viel… Ja… Ach ja, so viel Gänsehautmoment. Das geht immer wieder runter wie Öl.

Claudia Wronna: Das ist wirklich sehr emotional. Toll! Wie ging es denn nach dem Projekt weiter? Was wurde zum Beispiel mit dem Preisgeld gemacht?

Claudia Päsler: Ja, mit dem Preisgeld da hatte der Wilhelm eine ganz tolle Überraschung für uns. Wir haben einen Ausflug in einen Tier- und Freizeitpark gemacht und alle mobilen Bewohner durften mit. Er hat einen großen Bus gechartert und dann sind wir gemeinsam mit den Kindern im Bus, haben noch gesungen im Bus, in diesen Freizeitpark, hatten schönes Wetter und auch dort ganz viele Begegnungen zwischen den Senioren und den Kindern, Austausch, wir haben dann noch ein Picknick gemacht. Es war einfach...

Claudia Wronna: Was für eine schöne Idee, toll!

Claudia Päsler: …ja, sehr sehr schön!

Claudia Wronna: Schön. Toll!

Wilhelm Schwanken: Ja, genau. Ich denke, das ist ja auch das Ziel gewesen. Und das konnte man tatsächlich da sehr gut sehen, dass diese Verbindung zwischen Alt und Jung wieder hergestellt wird und sich gegenseitig Werte vermitteln. Das heißt also, die Senioren haben dann da gesessen, haben den Kindern erklärt, was das jetzt für ein Esel ist oder haben dann vielleicht auch noch so Geschichten aus ihrer Vergangenheit erzählt. Das hat wirklich gut funktioniert und das war in diesem Ausflug besonders deutlich sichtbar.

Claudia Wronna: War das denn ein einmaliges Ferienprojekt oder gibt es da Fortsetzung? 

Wilhelm Schwanken: Nein, Wir machen das Projekt zu Ostern schon zum sechsten Mal. Es findet immer in den Osterferien statt und in den Herbstferien. In den Sommerferien gibt es auch eine Ferienbetreuung. Die ist dann aber nur für spezielle Firmen. Dieses Jahr eine offene Ferienbetreuung, die wir immer an diesem Caritas Altenheim machen, und ja, man kann sagen, dass jetzt einfach auch schon Freundschaften entstehen. Es hat schon eine gewisse Tradition mittlerweile. Die ersten, das ist ja auch bei den Kindern immer so toll, die sind bei uns ja auch auf viele Jahre. Sie kommen halt immer wieder. Die ersten Kinder, in der Regel dürfen die so zwischen sechs und zwölf mitmachen, sind dann auch schon älter geworden. Die ersten arbeiten bei uns dann, die wollen dann oft nicht gehen, arbeiten als Praktikanten weiter. Ist so eine kleine Hintertür, die Ferienbetreuung weiterzumachen und wir haben auch schon zwei, drei, die aus diesen Praktikum herausgewachsen sind, auch jetzt schon Betreuer sind. Und so geht das jetzt hier bei Caritas teilweise eben auch schon los. Dass dort diese eine unserer Praktikantinnen zum Beispiel, die hat sich da so wohl gefühlt. Die macht glaube ich bei euch jetzt auch ein Praktikum.

Claudia Päsler: Ja, zwei Wochen toll.

Claudia Wronna: Toll. Also das klingt nach einem totalen Erfolgsprojekt. Welche Botschaft wollt ihr noch loswerden?

Wilhelm Schwanken: Ja, also mir geht es ja immer um den Begriff Familie. Ich habe ja eben schon mal kurz gesagt: das Individuum ist natürlich wichtig, aber ich glaube, das Allerwichtigste ist Familie. Und zur Familie gehören eigentlich in meinen Augen mehr als Vater, Mutter, Kind. Die Alten werden immer mehr aus der Öffentlichkeit, aus dem öffentlichen Blick gehen, gehen immer mehr verloren. Ich möchte gerne wieder mehr Aufmerksamkeit darauf lenken und sagen, dass die Generationen voneinander viel aufgeben. Sie könnten viel voneinander lernen. Sie könnten sich sehr gut unterstützen, gegenseitig helfen. Vielleicht, dass jeder mal wieder so einen Blick in Richtung Senioren unter diesem Gesichtspunkt wirft, nicht nur in der Richtung, dass ein Rentner an der Kasse, der stört oder ein Rentner hier ein Rentner da negativ, sondern ja, so ein bisschen den Respekt wieder vor dem Alter zu finden.

Claudia Päsler: Ja, und ich kann natürlich für unsere Senioren nur hoffen, dass wir weiterhin ganz viele tolle Begegnungen mit den Kindern auf unserem Gelände haben und die Bewohner dadurch einen Benefit. Und natürlich immer schönes Wetter.

Claudia Wronna: Vielen herzlichen Dank! Danke für Euer Engagement für dieses tolle Projekt und vielen Dank auch, dass ihr heute hier wart.

Wilhelm Schwanken: Ja, Dankeschön auch. Schön, dass wir hier sein durften.

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025