Wildbienen im Schutzgebiet

Wildbienen im Naturschutzgebiet

Zu den Wildbienen werden alle Bienenarten der Überfamilie der Apoidea gezählt. Die Ausnahme bilden dabei die wenigen Arten (sieben bis 12) der Honigbiene, welche ihre Heimat in Asien haben und eine domestizierte Form darstellen.

Mit 30.000 Arten weltweit stellen Wildbienen die bedeutendste Gruppe der blütenbestäubenden Insekten dar. In Europa findet man 2.000 dieser Arten und in Deutschland davon 585.

Die verschiedenen Wildbienenarten können sich stark im Aussehen unterscheiden. Verwechslungen mit Wespen oder Schwebfliegen passieren daher leicht.

Lebensweise der Wildbiene

Ansammlungen dieser nestbauenden solitären Bienenarten bilden dabei keine Staaten und ihre Individuen treten nicht in Wechselwirkung miteinander, sondern finden sich allein aufgrund von Standortbedingungen als Aggregation wieder. Diese Lebensweise kann dabei sehr unterschiedlich gelebt werden. So gibt es Arten, die gemeinsame Nester nutzen, wobei dabei jedoch jedes Weibchen seine eigenen Brutzellen anlegt und mit Nahrung bestückt.

Die „semisoziale“ Lebensweise ähnelt äußerlich den staatenbildenden Honigbienen. Es gibt ein Nest, in dem eine Königin für die Eiablage zuständig ist. Alle weiteren Arbeiten wie der Nestbau werden von unterentwickelten Arbeiterinnen erledigt. Jedoch wird kein Honig in Waben angelegt und auch werden keine Nachkommen versorgt.

Lebenszeit und Brut

Keine Lebensweise der Wildbienen beinhaltet die Brutpflege, wodurch niemals mehrere Generationen gleichzeitig nebeneinander leben.

Neben den nestbauenden Wildbienen gibt es noch die parasitisch lebenden Wildbienenarten. Sie legen ihre Eier in Brutzellen nestbauender Arten, wenn diese sich auf Nahrungssuche befinden. Schlüpfen ihre Larven, werden die eigentlichen Bewohner zuerst vernichtet, danach die Nahrungsvorräte vertilgt. Fünf Prozent der Wildbienenarten leben parasitisch.

Solitär lebende Bienen haben eine Lebenszeit von vier bis sechs Wochen. Für den Bau einer Brutzelle mit Eiablage und Anlage der Nahrungsvorräte benötigt ein Weibchen einen ganzen Tag. Eine geringe Fortpflanzungsrate ist die Folge. So bringen es manche Wildbienenarten nur auf 20 bis 40 Nachkommen pro Weibchen (zum Vergleich: ein Honigbienenstaat kann bis zu 60.000 Tiere beherbergen). Durch Umwelteinflüsse (Nässe, Schimmel et cetera) und parasitischen Befall kann in der Regel nur ein Erfolg von zehn Nachkommen erwartet werden.

Diese geringe Fortpflanzungsrate macht die Wildbienen äußerst empfindlich gegenüber anthropogenen Einflüssen, welche jegliche Bodenbearbeitung umfassen. So können innerhalb kürzester Zeit Tausende Nistplätze und Brutzellen zerstört und der gesamte Bruterfolg vernichtet werden.

Um eine Brutzelle mit genügend Pollen für den späteren Nachwuchs zu befüllen, muss eine Wildbiene mindestens 75 (oft auch über 100) Blüten besuchen. Dazu kommt der eigene Energiebedarf des Weibchens zur Produktion der Eier und Lebenserhaltung. Ein reiches Blütenangebot ist daher unbedingt notwendig.

Erforderlicher Lebensraum

Für das Vorkommen von Wildbienen ist ein genereller Blütenreichtum wichtig. Allerdings sind etwa ein Drittel der Wildbienenarten abhängig von einer ganz bestimmten Pflanzenart oder -gattung. So ernähren die Natternkopf-Mauerbienen (Osmia adunca) ihre Nachkommen ausschließlich mit Pollen des Echten Natternkopfes (Echium vulgare). Mehrere Vertreter der Sandbienen (Andrena) sammeln nur an Weiden (Salix). Diese Abhängigkeit der Wildbienen an eine bestimmte Nahrungsquelle stellt einen empfindlichen Faktor gegenüber Störungen dar.

Etwa 75 Prozent der nestbauenden Wildbienenarten bauen ihre Nester im Erdboden. Sonnige, trockene Offenboden- oder schütter bewachsene Bereiche sind beliebte Niststellen. Sand und sandige Lehmböden werden dabei besonders gern besiedelt. Aber auch Schotter- und Kiesflächen können durch die spezielle Vegetation ein reiches Nahrungsangebot liefern und so geeignete Lebensräume darstellen.

Das Vorkommen und eine erfolgreiche Fortpflanzung hängen stark vom Lebensraum und dem Nahrungsangebot ab. So sind strukturreiche, nährstoffarme Trockenlebensräume unabdingbar für die meisten Wildbienenarten. Magere Standortbedingungen führen zu einem speziellen Arteninventar an Pflanzen, welche wiederum von den Wildbienen als Nahrungsquelle benötigt werden. Dieses Nahrungsangebot in Kombination mit offenen Bodenbereichen, gern sandiger Böden, Totholzstrukturen, Schotter- und Kiesflächen oder Natursteinmauern muss gegeben sein, um einen Fortbestand der Wildbienen zu sichern.

Gefährdungen durch Einfluss des Menschen

Doch diese Spezialisten, Pflanzen- und Wildbienenarten, haben es im Zuge der modernen Landwirtschaft und der in den letzten Jahrzehnten ständig gestiegenen Nährstoffeinträge schwer weiterhin zu existieren. Monokulturen und Pestizide vernichten oberirdischen Lebensraum. Die Bodenbearbeitung bis an die möglichen Grenzen lässt keinen Platz für Wildpflanzen und Folgenutzer.

Die Versiegelung von Flächen durch Industrie und Wohnungsbau, aber auch moderne Stein- und Kiesgärten sowie der Drang nach Ordnung im Garten rauben den Wildbienen jeglichen Lebensraum.

Anthropogene Einflüsse haben dieses sensible Zusammenspiel in der Vergangenheit stark geschädigt, so dass bis heute über die Hälfte aller Wildbienenarten in Deutschland auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht (Stand 2011). Trotz eines gesetzlichen Schutzes der Wildbienen selbst und ihrer Lebensräume durch die Bundesartenschutzverordnung sind heute bereits sieben Prozent der Wildbienenarten ausgestorben oder verschollen.

Rolle der Wildbienen bei der Bestäubung

Lange galten die Honigbienen als die wichtigsten Bestäuber der Blütenpflanzen. Neue Studien belegen jedoch, dass zwei Drittel der Bestäubungsleistung durch die Wildbienen und Hummeln geleistet werden. Honigbienen bevorzugen Blüten mit leicht erreichbarem Nektar, schwierige Blüten werden gemieden. Die Wildbienen sind in ihrer Vielfalt in der Lage jegliche Blütenform abzudecken und die Bestäubung einer Vielzahl von Pflanzenarten zu sichern.

Neben dem Blütenbau spielt auch das Wetter eine Rolle im Flugverhalten der Bienen. Die Honigbienen benötigen eine Temperatur von mindestens 12 Grad Celsius um auszufliegen. Wildbienenarten kann man schon bei Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt beobachten und auch wolkenverhangene Tage halten die Wildbienen nicht von der Nahrungssuche ab.

Außerdem ist die Bestäubungsleistung der Wildbienenarten deutlich höher, als die der Honigbienen. Beispielsweise benötigt man 40.000 bis 60.000 aktive Arbeiterinnen der Honigbienen (entspricht zwei bis drei Bienenvölkern) um einen Hektar Apfelbäume zu bestäuben. Die gleiche Leistung schaffen weniger als 1.000 Mauerbienen (Osmia) in derselben Zeit.

Die Vielfalt der Wildbienen ist für die Bestäubung der Pflanzen also sehr bedeutend, insbesondere auch in der Landwirtschaft. Rückgänge der Artenzahlen und Populationsgrößen können weitreichende Folgen nach sich ziehen. Der Schutz ihrer Lebensräume mit Nistmöglichkeiten und einem reichen Nahrungsangebot ist daher unumgänglich.

Lebensraum der Wildbienen im Naturschutzgebiet „Bahndammgelände Krusenbusch“

Im Naturschutzgebiet „Bahndammgelände Krusenbusch“ finden sich einige Pflanzenarten besonderer Bedeutung in Bezug auf das Vorkommen von Wildbienenarten. Das Gelände mit seinen trockenen und sandigen Bereichen liefert gute Nistmöglichkeiten für einige Wildbienenarten. Magere Standortbedingungen bieten zusätzlich gefährdeten Pflanzenarten eine Existenzmöglichkeit, welche wiederum von speziellen und/oder gefährdeten Wildbienenarten benötigt werden.

So ist die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) an das Vorkommen des Gewöhnlichen Natternkopfes (Echium vulgare) gebunden. Die Bestände des Gewöhnlichen Natternkopfes sind in den letzten Jahren zurückgegangen und die Art steht heute auf der Vorwarnliste der gefährdeten Arten für das Norddeutsche Tiefland. Eine Besonderheit dieser Art ist der Wechsel ihrer Blütenfärbung von rosa zu blau während der Vegetationsperiode. Für Bienen sind jedoch nur die rosa gefärbten Blüten von Bedeutung, da die blauen Blüten keinen Nektar mehr enthalten. Wegen der hohen Abhängigkeit findet sich die Mauerbiene ebenso auf der Vorwarnliste der gefährdeten Wildbienenarten wieder. Im Naturschutzgebiet „Bahndammgelände Krusenbusch“ konnte sich der Gewöhnliche Natternkopf ansiedeln und kann so als Nahrungsquelle für die Natternkopf-Mauerbiene dienen.

Ebenso beherbergt das Gelände zwei Arten der Ehrenpreise, den Frühlings-Ehrenpreis (Veronica verna) und den Echten Ehrenpreis (Veronica officinalis), sowie drei Arten der Fingerkräuter (Potentilla argentea, Potentilla Intermedia und Potentilla recta). In Niedersachsen als „stark gefährdet“ eingestufte Pflanzenart ist das Vorkommen des Frühlings-Ehrenpreises als besonders anzusehen. An diese Arten ist die Rote Ehrenpreis-Sandbiene (Andrena labiata) gebunden. Die sandigen Offenbodenbereiche im Gebiet liefern der Sandbiene zusätzlich sehr gute Nistmöglichkeiten.

Der vorkommende Gemeine Blutweiderich (Lythrum salicaria) ermöglicht die Existenz der Blutweiderich-Langhornbiene (Eucera salicariae) oder der Blutweiderich-Sägehornbiene (Melitta nigricans). Schenkelbienen (Macropis) erfreuen sich über den Gemeinen Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris)und an der Gelben Resede (Reseda lutea) können die Resede-Maskenbiene (Hylaeus signatus) und andere Maskenbienen genügend Nahrung finden.

Die Obstbäume im westlich gelegenen Eingangsbereichs des Naturschutzgebiet sind durch ihre frühe Blütezeit im Jahr wichtig für viele Sand- und Mauerbienen. Ebenso die sechs Weidenarten (Salix) mit ihrer Blütezeit im Frühjahr.

Die Lanzettblättrige Glockenblume (Campanula baumgartenii) und die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia) stellen die Trachtpflanze der Glockenblumen-Sägehornbiene (Melitta haemorrhoidalis) dar.

Übrigens: Hier erfahren Sie welche Heuschrecke » Sie gerade hören.

Zuletzt geändert am 24. Januar 2024