Manfred Mauermann: Go home stay out

Ein diffuses Gefühl zieht mich nach langer Zeit für ein paar Tage in meine Herkunftsstadt. Vielleicht will ich mich meiner Wurzeln vergegenwärtigen, nach diesen Jahren voller globaler und persönlich privater Zeitenwenden. Gleichzeitig Gelegenheit den Würfler in mir zu erproben und mich vom Würfel durch die Stadt führen zu lassen. Mein erster Abend. Es ist spät. Ich bin müde, aber auch überdreht und will, wie ein kleines Kind, noch nicht ins Bett. Was nun? Go home, ins Bett oder stay out, noch ein wenig durch die Nacht streunen und fotografieren. Der Würfel ist schnell gezückt. Die eine Hand hält die Kamera, die andere rollt den Würfel vor das Objektiv. 1,2,3 Go Home oder 4,5,6 stay Out. Der Würfel ist gefallen. Die Entscheidung ist aus meiner Perspektive allerdings nicht zu erkennen. Home oder stay out. Home oder stay out. Spontan schießen mir andere Fragen und Gedanken durch den Kopf. Was meint eigentlich Home? Das Hotel als Heim für diese Nacht? Diese Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin? Die Stadt im Norden, in der meine Kinder geboren und aufgewachsen sind? Das Dorf auf dem ich jetzt wohne? Stay out, bleib draußen. Außerhalb von was. Fragen und Gedanken, die mich berühren. Die Frage über die der Würfel entscheiden sollte, ist jetzt plötzlich völlig belanglos geworden und damit auch die Antwort des Würfels. Ich greife den Würfel, stecke ihn in meine Hosentasche. Gehe auf Umwegen zum Hotel und sinniere auf dem Weg über die aufgekommenen Fragen. Mein Name ist Manfred Mauermann. Ich bin kein Würfler.

Zuletzt geändert am 1. August 2024