Mitschrift zur Podcast Episode 3

Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehnminütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Heute habe ich drei Engagierte des TuS Bloherfelde hier bei mir zu Gast. Einmal Susanne Möller, Geschäftsstellenleiterin im TuS Bloherfelde, Lea-Marie Meyer und Lena Blum. Das sind zwei der sieben Trainerinnen, die dort Schwimmkurse anbieten. Ihr seid 2013 mit dem Oldenburger Integrationspreis ausgezeichnet worden für euer Projekt „Schwimmen für Frauen.“ Susanne, erstmal kurz zu euch: Wer ist der TuS Bloherfelde, was macht ihr und wie seid ihr zu diesem Projekt gekommen?

Susanne Möller: Ja, der TuS Bloherfelde ist ein Stadtteilverein in Bloherfelde. Wir haben inzwischen insgesamt 1600 Mitglieder. Wie im Namen erkennbar, sind wir eigentlich ein Verein, der die breite Palette des Turnens anbietet und viele Spielsportarten familienorientiert, breitensportlich, nicht so sehr auf Leistungssport. Und Schwimmen gehörte eigentlich gar nicht zu unserem Repertoire. Da sind wir durch ein besonderes Projekt, das wir mit der Uni zusammen hatten, draufgekommen, dass wir da dann festgestellt hatten, in dem Rahmen Frauen, besonders aus den orientalischen Ländern, haben einen großen Bedarf an Schwimmen. Die möchten gerne schwimmen. Die anderen Sportarten fanden sie auch ganz nett, aber Schwimmen war so das Wichtigste. Also haben wir Schwimmkurse angeboten. Das war dann so von 2009 bis 11. Zwei Jahre ungefähr haben wir sie angeboten. Dann war das Projekt zu Ende und wir haben da eine Pause eingelegt und haben uns noch mal zwei Jahre bitten lassen, das doch wieder aufzunehmen.

Claudia Wronna: Bitten lassen von den Kundinnen?

Susanne Möller: Genau, von den Frauen. Der Bedarf war einfach so groß. Viele Frauen haben gesagt: wir möchten unbedingt schwimmen. Könnt ihr das nicht weitermachen? Und dann haben wir halt wieder Trainerinnen gesucht, weil es soll ja wirklich nur für Frauen sein, von Frauen für Frauen. Und haben dann Ende 2012 wieder angefangen mit den Schwimmkursen. Und das hat sich über die Jahre so aufgebaut, dass wir inzwischen wirklich überrannt werden und den Bedarf kaum decken können. 

Claudia Wronna: Also das war keine Einjahresfliege, in der ihr den Integrationspreis gewonnen habt, sondern es ist wirklich kontinuierlich gewachsen und hat sich stabilisiert und etabliert. Und ihr seid aktuell und seit diesen vielen Jahren der einzige Sportverein hier in Oldenburg, der Schwimmkurse für Frauen anbietet.

Susanne Möller: Ja, ganz genau so kann man das zusammenfassen. Es hat sich sehr etabliert, spricht sich rum, auch bis ins Umland. Also inzwischen kommen die Teilnehmerinnen tatsächlich aus Bremen, aus Jever und nehmen echt weite Wege auf sich, um dann eine Dreiviertelstunde im Wasser sein zu können.

Claudia Wronna: Ja, Lea, Lina, ihr beide seid zwei der Trainerinnen, die diese Kurse Zu begleiten. Wie sind denn eure Erfahrungen? Wie nehmt ihr die Frauen wahr?

Lena Blum: Ja, also die sind unglaublich motiviert. Das, glaube ich, sticht super hervor. Also auf unterschiedlichen Leveln kommen sie: einige haben Angst vor Wasser, andere können schon einen gewissen Bruststil. Deswegen haben wir auch zwei unterschiedliche Kurse, die wir anbieten: Einen, wo halt wirklich Wassergewöhnung ist, wo wir vor allen Dingen auf die Frauen fokussieren, die Angst vorm Wasser haben. Aber der Mut, der dahinter steht, der ist einfach immer jedes Mal wieder bemerkenswert, wie man sieht, dass sie sich dieser Angst stellen und wirklich schwimmen wollen. Und auch das Interesse, was da ist und dass sie jedes Mal wiederkommen, jeden Sonntag und neu motiviert sind.

Lea-Marie Meyer: Die Motivation von den Frauen selbst, das für sich zu machen, auch langfristig Zeit und Energie darein zu stecken. Wie Lena schon gesagt hat, wirklich schwimmen zu wollen und dann auch mit dem Ziel, vielleicht mit den eigenen Kindern schwimmen gehen zu können, im Urlaub oder in der Freizeit einfach da diese Berührungspunkte noch außerhalb dem täglichen, dem Alltag zu haben.

Claudia Wronna: Das ist eine hohe Motivation bei den Frauen. Welche Frauen aus welcher Altersgruppe nehmen das am ehesten in Anspruch?

Lea-Marie Meyer: Das ist total verschieden. Es ist total divers. Wir haben Frauen ab 40 oder wir hatten jetzt eine Familie: eine Frau mit ihren drei oder vier Kindern waren da und einige von denen haben jetzt schon ihr Seepferdchen gemacht. Die anderen sind noch dabei und lernen gerade schwimmen. Und auch als Familienzeit am Sonntag kann man sich das vielleicht auch vorstellen, unterstützen sich gegenseitig. Ab 16 Jahren können die Frauen bei uns starten.

Claudia Wronna: Also wie lange sind die Frauen in der Regel so bei euch? Wie lange braucht man um schwimmen zu lernen im Erwachsenenalter?

Lena Blum: Ich glaube, das ist sehr divers. Das hängt davon ab, mit welchen Voreinstellungen man reingeht, ob man Probleme hat. Viele kommen an, weil der Arzt Schwimmen empfohlen hat, weil sie Gelenkschmerzen, Hüftschmerzen, Rückenschmerzen haben. Und wenn man halt ein bisschen älter ist, Dinge neu zu lernen ist natürlich immer nicht ganz so einfach. Plus natürlich gegen Schmerzen zu arbeiten oder mit diesem Schmerz zu arbeiten ist auch nicht so einfach. So im Schnitt kann man sagen, brauchen die ungefähr zwei Kurse, damit sie ihr Seepferdchen bekommen. Aber ein Seepferdchen bedeutet, sie können sich über Wasser halten. Man ist okay damit, dass sie selbstständig schwimmen können, aber das heißt natürlich noch lange nicht, dass die Probleme weg sind oder dass sie aufhören wollen. Deswegen haben wir ja eine Vereinsstunde, wo sie dann noch weiter schwimmen können, selbstständig arbeiten können. Aber ich glaube, das ist sehr abhängig davon, was für eine Person man ist und mit welchen Voreinstellungen man in das Schwimmen reingeht. Also halbes, dreiviertel Jahr, einige Mal länger. Es gibt auch immer welche, die das in einem Kurs schaffen, aber so zwischen 2 bis 3 Kursen, also halbes, dreiviertel Jahr, braucht man schon.

Claudia Wronna: Und ihr seid ja als Schwimmtrainerinnen über so eine lange Zeit. Ergeben sich da noch andere Verbindungen zwischen den Frauen, aber auch zwischen euch und den Frauen? Oder geht es rein ums Schwimmen? Oder „Und jetzt machen wir das hier und wir lassen keine anderen Gespräche zu!“?

Lea-Marie Meyer: Also das ist nicht so, also wir unterhalten uns auch mit den Frauen, die erzählen uns sehr viel von ihrem persönlichen Leben, ihrer Motivation, weshalb sie bei uns sind. Einige erzählen auch ihren Lebensweg, wie sie nach Deutschland gekommen sind, wie sie zu uns zum Kurs gekommen sind. Wir Trainerinnen unter uns natürlich auch. Aber auch bei den Frauen in den Kursen würde ich schon sagen, dass ich da auch Freundschaften gewissermaßen bilden, sich irgendwie verabreden, mal auf einen Kaffee oder so oder irgendwie was zu machen. Bei einigen war es auch so, dass ich dann die Kinder verabredet haben oder über die Frauen, die Kinder.

Lea Blum: Man sieht das auch, dass sie sich im Schwimmen gegenseitig helfen. Wir sprechen ja Deutsch und Englisch und die meisten der Frauen sprechen auch fließend Deutsch und Englisch. Aber manchmal ist die Übersetzung von gewissen Körperteilen, Bewegungen oder so was nicht ganz so einfach. Und dann helfen die Frauen sich auch untereinander. Ob da jetzt Freundschaften draus entstehen – das passiert dann wahrscheinlich außerhalb des Schwimmbeckens. Aber wir Trainerinnen untereinander, wir kennen uns auf jeden Fall alle auch so halb durchs Studium. Das ist ganz nett. Und vor allen Dingen dieser Diskurs über Angst ist immer wieder schön. Also quasi, dass man sieht, dass die Frauen Angst vor dem Wasser haben oder Angst vorm Springen oder Angst vor der Tiefe. Und dann kann man sich darüber unterhalten, welche Ängste man selber hat und sich seinen eigenen Ängsten stellen, während die sich ihren Ängsten stellen. Dieser Diskurs ist halt einfach für mich super interessant.

Lea-Marie Meyer: Genau. Also es wird sehr persönlich, auch zwischendurch. Es ist keine strikte, sterile Trennung zwischen „wir sind die Trainerinnen und das andere sind die Teilnehmerinnen.“ So ist es nicht. Es ist schon ein gemeinsames. Ja, wir haben Berührungspunkte miteinander. Im Persönlichen von dem, was wir erzählen, was wir erleben, aber auch einfach im Wasser selbst. Weil wir halt mit den Frauen im Wasser sind und ihnen das direkt beibringen.

Lena Blum: Die Leidenschaft für Wasser verbindet uns.

Claudia Wronna: Das hört sich sehr gut an, ja. Welche Botschaft, welchen Wunsch habt ihr für die Zukunft, Susanne?

Susanne Möller: Ja, wie wir schon jetzt gerade gehört haben, der Bedarf ist sehr groß. Es sind sehr viele Frauen, die anfragen und wir Wartelisten führen, teilweise. Und dann hinterhertelefonieren: So, jetzt könntest du einen Platz bekommen. Also von daher wäre es sicherlich gut, wenn mehr Vereine, mehr Institutionen solche Kurse anbieten würden. Wichtig ist für die Frauen eben, dass sie einen geschützten Rahmen haben, wo sie nicht beobachtet werden. Und das muss das Schwimmbad natürlich auch hergeben. Das Schwimmbad…

Claudia Wronna: ...in welchem seid ihr da?

Susanne Möller: ja genau das Schwimmbad, Hallenbad Eversten, das wir benutzen. Das gibt das eben her, weil da die Fenster mit Vorhängen zugemacht werden können, sodass da keiner reingucken kann und zugucken kann. Und das ist für die Frauen ganz wichtig. Also unter diesen Aspekten wäre es schon schön, wenn es mehr solche Möglichkeiten gäbe. Dass sich jetzt Frauen aus Bremen bei uns anmelden, zeigt mir, dass wir schon ziemlich einzigartig sind. Und vereinzelt bekommen wir auch Fragen von Männern, die gezielt nach Männer Schwimmkursen fragen. Auch da scheint es einen Bedarf zu geben. Wie groß der ist, weiß ich nicht, aber wir können den leider nicht decken, weil wir einfach keine Kapazitäten mehr haben.

Claudia Wronna: Okay, also das scheint ein Riesenerfolgsprojekt zu sein, was jetzt über so viele Jahre schon läuft. Vielleicht abschließend: Was denkst du, wie viele Frauen habt ihr schon erreicht? 

Susanne Möller: Also das ist ja stetig gewachsen und ich habe mal so überschlagen, es könnten an die 500 Frauen sein, die in all den Jahren bei uns waren und schwimmen lernen wollten.

Claudia Wronna: Herzlichen Dank für euer Engagement. Schön, dass ihr das schon langjährig macht. Wir freuen uns, dass es hier in Oldenburg dieses Angebot gibt und umzu offenbar nicht. Bleibt so engagiert und schön, dass ihr da wart.

Susanne Möller, Lena Blum, Lea-Marie Meyer: Dankeschön! Danke, dass wir hier sein durften. 

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025