Mitschrift zur Podcast Episode 21
Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis
Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehn minütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.
Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Heute habe ich Laura Fastabend, Lehrerin an der BBS Wechloy und Torsten Janssen, Lehrkraft bei der Berufsfeuerwehr Oldenburg hier bei mir zu Gast. Ihr seid im Jahr 2023 mit dem Oldenburger Integrationspreis ausgezeichnet worden für das Projekt Florian. Erst mal kurz zu euch. Wer seid ihr genau? Was macht ihr bei euren Institutionen und wie ist es zu diesem Projekt gekommen? Was hat es denn damit auf sich?
Laura Fastabend: Mein Name ist Laura Fastabend. Ich bin Lehrkraft an den Berufsbildenden Schulen in Wechloy und eine der Projektverantwortlichen. Wie kam es zu dem Projekt? Das ist ganz interessant. Unser Schulleiter hat ein ähnliches Projekt in Schleswig-Holstein gesehen und kam dann auf mich zu und hat gesagt Mensch, wäre das nicht auch was für uns? Könnten wir uns das vorstellen in einer Berufseinstiegsklasse bei uns an der Schule. Und so hat das dann seinen Lauf genommen, dass wir Kontakt mit der Berufsfeuerwehr Oldenburg aufgenommen haben?
Thorsten Janssen: Ja, ich bin Torsten Janssen, bin Lehrkraft bei der Berufsfeuerwehr Oldenburg. Zwischendurch fahre ich noch meinen Ersatzdienst mit. Ja, und unser Ausbildungsleiter, der sagte, dass die BBS sich bei uns gemeldet hatte. Sie wollten dieses Projekt starten und ob ich mich daran beteiligen möchte. Und so bin ich mit eingestiegen.
Claudia Wronna: Okay. Es geht um die Berufseinstiegsklasse, wie wir schon gehört haben. Was ist das genau? Wie viele Schüler sind in der Klasse? Was ist das für eine Zielgruppe? Und was macht ihr dann genau bei der Feuerwehr?
Laura Fastabend: Es ist eine Berufseinstiegsschule. Klasse zwei. Die sind alle im Alter zwischen 17 und 22 Jahren. Und maximal sieben Jahre in Deutschland. Verschiedenste Nationalitäten von Ukrainern, Irakern, Syrern usw. Und deren Ziel ist es, ihren Hauptschulabschluss zu erreichen. Und wir haben dort dann eben ein Projekt integriert, weil wir ja rein kaufmännisch sind und haben gesagt „Mensch, es wäre doch total toll, wenn die auch mal richtige Projektarbeit kennenlernen. Und so ist das dann seinen Weg gegangen.
Claudia Wronna: Genau, Projektarbeit. Richtig praktisch. Was macht ihr denn konkret da bei der Feuerwehr mit den Jungs und Mädels?
Thorsten Janssen: Ja, wir bilden sie praktisch zur Basisausbildung für die Freiwillige Feuerwehr aus. Das ist eine modulare Ausbildung. Neuerdings. Mit dieser Ausbildung könnten Sie im Prinzip, wenn Sie damit durch sind, bei jeder freiwilligen Feuerwehr eingesetzt werden und dort mitfahren, in den Einsatz mit reinfahren und da ein Ehrenamt übernehmen. Und gleichzeitig lernen Sie auch was über das deutsche Rettungssystem, weil viele kannten gar keine Rettungswagen oder die Feuerwehr. Wie das in Deutschland funktioniert, das war sehr interessant, da einige da gar keine Ahnung von hatten.
Claudia Wronna: Also ihr vermittelt quasi Systemwissen, „Was ist eine Feuerwehr, Wie arbeitet so eine Feuerwehr, Wie ist die integriert in diese Gesellschaft, in dieses System?“ und gleichzeitig führt ihr ans Ehrenamt heran, was ja schon was traditionell Deutsches ist, was auch viele aus ihren Herkunftsländern gar nicht kennen. Das finde ich total interessant, diese Kombi. Wie genau integriert sich das in den Schulalltag?
Laura Fastabend: Wir haben dort einen vierstündigen Slot, immer am Mittwoch. Dieses Schuljahr ist es eingebaut, wo wir immer im Wechsel vier Stunden an der Berufsschule unterrichten oder vier Stunden eben bei der Feuerwehr in Oldenburg. Wir wechseln quasi auch die Lernorte, was für die Schule auch total interessant und wichtig ist. Wir starten meistens immer oder sind dieses Jahr so gestartet, dass wir wirklich auch mit Praxis begonnen haben. Und dort kommt dann natürlich Fachvokabular zustande, was wir dann in der Berufsschule verinnerlichen können, noch mal aufbereiten können, sodass dann die Schüler von Woche zu Woche auch wieder gestärkter in den Praxisalltag zurückkehren.
Claudia Wronna: Ich stelle mir das unter Umständen auch ganz hemdsärmelig vor, dass einfach Jugendliche zu euch kommen und dann muss mal der Schlauch rausgeholt werden und dann wird mal mit Wasser gelöscht oder wie? Was wird da ganz praktisch gemacht?
Thorsten Janssen: Ja, ganz praktisch. Also Schlauch ist ein gutes Stichwort. Sie bauen zum Beispiel eine Wasserversorgung auf oder legen auch schon die ersten Schlauchleitungen für einen Löschangriff. Diese Abläufe lernen Sie. Das sind erstmal einfache Handgriffe. Aber man sieht auch oft, wie stolz sie sind, wenn sie was geschafft haben und diese Abläufe erstmal beherrschen. Schwierig ist es natürlich, das Ganze zu erklären, weil da manchmal eine Sprachbarriere dabei ist. Aber wenn es dann funktioniert, dann sind sie zufrieden und stolz und das ist gut. Gleichzeitig lernen sie zum Beispiel Leitern aufstellen, Sichern von Personenknoten usw.
Claudia Wronna: Wie kommt das bei den Jugendlichen an? Was habt ihr da so für Erfahrungen gemacht?
Laura Fastabend: Total gut, wie Thorsten gerade schon gesagt hat. Wenn sie dann wirklich was verinnerlicht haben und können, das macht sie total stolz.
Claudia Wronna: Gab es besondere Erlebnisse oder irgendwelche Highlights, von denen ihr berichten könnt?
Laura Fastabend: Highlight war absolut, als das Fernsehen kam, was für die Schüler auch gleichzeitig total erschreckend war. Wenn dann die Kamera und so viele Leute um sie herum sind. Aber als sie sich dann selber gesehen haben, wie sie das ausführen und wie gut das schon aussieht. Da waren sie richtig stolz.
Claudia Wronna: Also es wurden richtige Videobeiträge gefilmt? Bis Bild und Ton?
Laura Fastabend: Genau. Sowohl der NDR war da als auch das Sat1 Abendmagazin, glaube ich. Und RTL direkt.
Claudia Wronna: Also es hat eine große Öffentlichkeit bekommen.
Thorsten Janssen: Ja, eine total große Öffentlichkeit und genauso wollen wir das auch fortführen.
Claudia Wronna: Genau, den Integrationspreis habt ihr mit dem ersten Durchgang quasi gewonnen. Jetzt seid ihr im zweiten Durchgang. Wie soll es weitergehen? Habt ihr Überlegungen, wie man vielleicht noch was verändern könnte?
Laura Fastabend: Eine Besonderheit ist, dass wir im nächsten Schuljahr zwei Berufseinstiegsklassen haben. Also wir haben zweimal das zweite Jahr quasi von der Berufseinstiegsschule und wollen es im nächsten Jahr so verändern, dass die Schülerinnen und Schüler frei zwischen 2 Projekten wählen können. Wir werden zusätzlich zu diesem Feuerwehrprojekt ein weiteres Projekt eröffnen, was sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigt, was ja all unseren ganzen Alltag irgendwie sehr beeinflusst. Wir stellen den Schülerinnen und Schülern dann frei, sich für ein Projekt zu begeistern und anzumelden. Also ich könnte mir vorstellen, dass das Projekt der Feuerwehr nach wie vor total angesehen ist und da die Nachfrage ziemlich groß bleibt.
Claudia Wronna: Großer Erfolg oder ein Punkt, warum man sich dafür interessieren könnte oder das anwählen würde, wäre ja auch, dass damit auch ein Erste Hilfe Zertifikat erworben wird, das man zum Beispiel altersgerecht passend für den Führerschein nutzen kann.
Thorsten Janssen: Ja, viele brauchen ja gerade den Führerschein oder sind gerade dabei und sie kriegen die normale Erste Hilfe Ausbildung. Wir dehnen die Inhalte ein bisschen aus, sind sehr handlungsorientiert, was den Schülern sehr zugutekommt und machen viele praktische Sachen. Und auch da sieht man wieder, wie sie aus sich herauskommen, wenn sie endlich mal was praktisch machen können, was zeigen können, ohne ihre Sprachbarriere dabei zu haben.
Claudia Wronna: Für die Jugendlichen ist das ja was ganz neues, was sie hier erleben. Ist es für euch bei der Berufsfeuerwehr eigentlich auch was Neues?
Thorsten Janssen: Neu an sich ist die Tätigkeit nicht. Das machen wir sonst auch. Nur wir müssen natürlich jetzt andere Schritte gehen. Wir müssen viele Vokabeln eventuell noch mal erklären, wo man vielleicht von sich aus erst mal gedacht hat, das ist eigentlich klar, aber es ist dann halt nicht klar. Und das ist natürlich eine Sache, die für uns neu ist. Da müssen wir natürlich auch an uns arbeiten. Aber es ist auch eine schöne Sache für uns, weil wir sonst ja praktisch nur Erwachsenenpädagogik machen. Und wir lernen auch dazu. Und das ist natürlich für uns sehr wichtig.
Claudia Wronna: Welche Botschaft, welchen Wunsch habt ihr für die Zukunft?
Laura Fastabend: Mich würde es total freuen, wenn so langfristige Projekte, so wie das jetzt, was wir in der Schule zeigen, das geht ja wirklich über ein ganzes Schuljahr und vier Stunden in der Woche. Dass es solche Projekte für junge Geflüchtete auf diese Dauer einfach auch gibt, wo sie sich wirklich auch dem Interesse, was vielleicht am Anfang gar nicht da ist, was sich über die Zeit entwickelt und wo dann auch sie wirklich am Ende Bock draufhaben. Weil häufig gibt es diese ganz kurzen Projekte, was irgendwie nur so zwei Wochen oder so geht. Das ist dann so ein Pflichtprogramm für die, aber die nehmen eben wenig mit und vielleicht ist es so meine Vision, dass man sagt „okay, vielleicht kann so ein Projekt noch mehr in schulische, andere alltägliche Dinge integriert werden.
Claudia Wronna: Gibt es von deiner Seite auch noch was?
Thorsten Janssen: Ja, also ich würde wichtig finden, dass die Geflüchteten praktisch mit in die Gesellschaft reinkommen und nicht immer für sich alleine solche Projekte machen, also in ihrer Gruppe alleine, sondern den Weg in die freiwillige Feuerwehr finden. Schön, wenn sie wirklich da noch irgendwo mit in der normalen Gruppe drin sind und nicht immer nur für sich alleine.
Claudia Wronna: Das ist ein sehr schöner Gedanke. Vielen Dank, dass ihr das hier macht in Oldenburg, dass wir das Projekt Florian hier haben. Was bedeutet eigentlich Florian?
Laura Fastabend: Ja, der Name kam während des Projektes irgendwann, wo wir gesagt haben, wir können das nicht immer nur Feuerwehrprojekt nennen. Das ist ja irgendwie so ein No name. Und der heilige Florian, der Schutzpatron der Feuerwehrleute, machte die Not seiner Gefährten zu seinem persönlichen Anliegen – unter Hingabe seines Lebens. Er ist Vorbild für jene, die sich bei der Feuerwehr engagieren und Menschen in Not zu Hilfe kommen.
Thorsten Janssen: Genau, Wir hatten ein Maskottchen dabei und das brauchte einen Namen. Und das haben wir dann Florian genannt. Unser Schutzpatron.
Claudia Wronna: Super Idee. Ganz innovativ auch von dem Schulleiter, das Projekt hier in Oldenburg ebenfalls anzusiedeln. Wir wünschen euch alles Gute weiterhin mit dem Projekt und mit weiteren so tollen Ideen. Herzlichen Dank, dass ihr hier wart.
Laura Fastabend und Thorsten Janssen: Sehr gerne. Danke.
Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »
Zuletzt geändert am 8. Juli 2025