Mitschrift zur Podcast Episode 6

Jubiläumsaktion 15 Jahre Integrationspreis

Claudia Wronna: Herzlich willkommen zu unserem Podcast „hörbar vielfältig“, den wir anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Integrationspreises der Stadt Oldenburg aufgenommen haben. In den 15 Jahren sind zahlreiche Projekte, Vereine und Initiativen mit diesem Preis ausgezeichnet und gewürdigt worden und wir wollen euch eine große Anzahl davon vorstellen. Wir haben nachgefragt, wofür sie damals den Integrationspreis gewonnen haben, was für besondere Erlebnisse bei Ihnen hängengeblieben sind und wie es ihnen heute geht. Wenn euch also interessiert, was Oldenburg zwischen 2010 und 2025 an Projekten ausgemacht hat, die sich für Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie für solidarisches Miteinander einsetzen, dann horcht rein in die jeweils circa zehnminütigen Podcasts von „hörbar vielfältig.“ Viel Spaß dabei.

Claudia Wronna: Hallo und herzlich willkommen! Heute habe ich Ina vom Verein Ibis Interkulturelle Arbeitsstelle hier bei uns zu Gast. Ina, bevor du von dem Projekt berichtest, wofür ihr den Integrationspreis gewonnen habt, magst du vielleicht ein paar Sätze über Ibis erzählen?

Ina: Ja, gerne. Also Ibis ist ein Verein, der 1994, also vor über 30 Jahren, gegründet wurde und im Bereich Migration und Flucht tätig ist. Und wir machen da viele verschiedene Aufgaben. Also wir haben zum Beispiel Asyl- und Migrationsberatung. Dann haben wir ein psychosoziales Zentrum, wo Menschen hinkommen können, die zum Beispiel durch die Flucht traumatische Erlebnisse erlebt haben und Unterstützung finden können. Dann haben wir Deutschkurse und wir haben aber auch für Kinder Lernförderung. Da können Familien aus einkommensschwachen Familien kostenlos Unterstützung für ihre Kinder beantragen. Und… ich will jetzt nichts vergessen… wir haben noch eine Antidiskriminierungsstelle und die berät in Diskriminierungsfällen und unterstützt. Und außerdem gibt es dann noch den Bereich Kultur und politische Bildung, wo wir immer unterschiedliche Projekte haben, wo auch dieses Projekt, über das wir gleich reden, so angesiedelt ist.

Claudia Wronna: Das hört sich nach einem ziemlich großen Verein an, der ja auch schon unglaublich lange aktiv ist und ja, ich glaube sagen zu können, eine richtige Institution hier in Oldenburg in dem Bereich geworden ist und vielen sicherlich auch schon ein Begriff. Ihr habt 2020 den Oldenburger Integrationspreis gewonnen für das Projekt „Argumentationstraining gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus - für Vielfalt und Zusammenhalt.“ Kannst du uns ein bisschen erklären, worum es dabei ging? Wie ist das entstanden? Was für Ziele hatte das? Wen wolltet ihr damit ansprechen?

Ina: Ja, gerne. Also, das Projekt ist entstanden aus einer Idee von Kollegen, die damals die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus, die damals noch bei IBIS angesiedelt war, geleitet haben. Und ich bin selbst 2019 zu Ibis gekommen und da war der Antrag glaube ich schon rausgesendet und dann durfte ich das ab Mitte 2020 anfangen. Und Ziel oder die Idee war, Argumentationstrainings anzubieten für Interessierte um sich besser in so Situationen, wo man diskriminierende Aussagen mitbekommt, sich da besser äußern zu können, schneller reagieren zu können, überhaupt reagieren zu können.

Claudia Wronna: Wie war denn die Rückmeldung? Also haben sich viele dafür angemeldet, viele dafür interessiert?

Ina: Ja. Also wir haben wirklich viele Leute, also das lief insgesamt über anderthalb Jahre und wir haben fast 1000 Menschen erreicht. Das war aber nicht nur in Oldenburg, sondern in ganz Niedersachsen. Und wir hatten vier verschiedene Schwerpunkte, da hat man schon Unterschiede gesehen, im Interesse. Also ein Schwerpunkt war zum Beispiel das Argumentationstraining gegen Rassismus und das war das beliebteste. Also ich glaube, da sehen Leute am meisten Bedarf. Und dann hatten wir ein Argumentationstraining mit dem Schwerpunkt Verschwörungsmythen und Antisemitismus. Und da das Projekt zur Zeit von Corona stattgefunden hat, war das natürlich sehr aktuell und der war auch ziemlich beliebt. Dann haben wir noch einen Schwerpunkt gehabt, der das Thema Sexismus und Antifeminismus in Bezug auf die extreme Rechte behandelt hat. Und außerdem als vierten Schwerpunkt Argumentieren gegen rechtsextreme Aussagen im Allgemeinen, und zwar in Bezug auf die Neue Rechte, aber auch auf islamistische Bewegungen. Also da haben wir in dem Training hat man so auch Gemeinsamkeiten zwischen der islamistischen Ideologie und Ideologien aus der Neuen Rechten erarbeitet und dann geschaut, was für Argumente die so von sich geben und wie man die kontern kann.

Claudia Wronna: Toll. Magst du vielleicht einmal erzählen, wie das Ganze so aufgebaut war? Also wie wir uns das vorstellen können?

Ina: Ja, gerne. Also die Trainings waren ursprünglich konzipiert für Präsenztreffen, weil das Projekt ja geschrieben wurde, bevor Corona losging. Und das Konzept ging über sieben Stunden. Und das heißt, das waren Tagestrainings, wo in der ersten Hälfte erst mal Informationen über das jeweilige Phänomen mitgeteilt wurden und Leute sich damit auseinandersetzen konnten, auch in Bezug auf eigene Vorurteile oder Einstellungen. Und dann im zweiten Teil ging es um Argumentationsstrategien selbst und wie ich die anwenden kann und in welchen Situationen es sich lohnt zu argumentieren und wann vielleicht auch nicht. Und dann wurde auch wirklich trainiert, diese Strategien anzuwenden. Und weil aber dann letztendlich viele Trainings im digitalen Raum stattgefunden haben, da hatten wir dann Konzepte entwickelt, wie wir auch das interaktiv gestalten können, weil uns war ja wichtig, dass die Leute wirklich auch ins Üben kommen. Und da gibt es zum Glück ziemlich viele Plattformen mittlerweile online, mit denen man so auch wirklich in einer großen Gruppe verschiedene Sachen gemeinsam machen kann. Und die Trainings im digitalen Raum haben wir dann so aufgebaut, dass die meistens an zwei Tagen waren, weil einfach sieben Stunden online hält wahrscheinlich fast niemand aus. Das ging aber auch ganz gut. Da haben wir oft zum Beispiel samstags und sonntags dann irgendwie einen Input gegeben.

Claudia Wronna: Im Nachhinein – wie siehst du den Bedarf, in dem Bereich solche Trainings anzubieten? Gibt es den weiterhin?

Ina: Ja, den gibt es auf jeden Fall weiterhin und vor allem jetzt in Bezug auf die Wahlen zum Beispiel. Und vorher haben wir auch selbst viele Anfragen bekommen von Menschen, die sich Argumentationstrainings wünschen. Und auch während des Projekts hatte ich immer das Gefühl, dass wäre eigentlich super noch mal was speziell für Schulen zu machen, auch für Kinder in verschiedenen Altersgruppen. Und das müsste natürlich ganz anders aufgebaut sein. Aber solche Themen kann man auch schon in der Grundschule behandeln, weil jeder weiß, wie es sich anfühlt, ausgeschlossen zu sein aus einer Gruppe. Und das dann zu thematisieren, dass manche wegen bestimmter Merkmale oder zugeschriebener Merkmale ausgeschlossen werden und was man dagegen machen kann und wie man sich einsetzen kann, zum Beispiel für Freunde und Freundinnen - sowas könnte man auch schon wirklich mit Grundschülerinnen und Grundschüler machen. Und auch Lehrerinnen und Lehrer schreiben uns immer wieder an und würden gerne selbst ein Training besuchen oder halt auch für ihre Klassen in der Oberschule oder Oberstufe oder so anbieten. Also ich hoffe jetzt, Ibis hat – ach, das habe ich auch vergessen – seit diesem Jahr ja die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus inne erst mal für fünf Jahre. Und in dem Rahmen versuchen wir auf jeden Fall auch mehr in die Richtung anzubieten. Zum Beispiel machen wir jetzt im Rahmen der Wochen gegen Rassismus im März ein Argumentationstraining.

Claudia Wronna: Toll. Dann geht es also weiter, auch mit dem Thema. Und das ist auch der Wunsch von euch. Gibt es weitere Wünsche oder Botschaften, die ihr so habt für die Zukunft?

Ina: Ja, ich hätte so einen Appell an uns alle hier in Deutschland: dass wir gemeinsam versuchen, Probleme anzugehen, die in der Gesellschaft bestehen und uns nicht trennen lassen durch populistische Politik, rechtsextreme Politik. Denn ich glaube, nur so können wir diese großen Probleme, die wir haben, wie die Klimakatastrophe oder auch Probleme im sozialen Bereich angehen. Und Abschiebung ist sicherlich keine Lösung in diesem Bereich. Denn wie glaube ich mittlerweile alle begriffen haben: wir haben einen großen Personalmangel in den Feldern der Kita, in Schulen, aber auch im Gesundheitswesen. Und wir brauchen Migration. Und dafür ist es natürlich auch wichtig, dass Menschen sich hier wohlfühlen – ganz davon abgesehen, dass wir einfach aus menschenrechtlichen Gründen natürlich auch Asyl gewähren müssen, egal wie effizient Menschen sich hier einbringen oder nicht. Also: einfach eine Rückkehr zur Menschlichkeit wäre toll.

Claudia Wronna: Das ist ein sehr schönes Schlusswort. Liebe Ina, vielen Dank für eure engagierte Arbeit bei Ibis. Bleibt dran, macht weiter so! Ich danke dir auch, dass du hier warst und das Projekt noch mal vorgestellt hast. Herzlichen Dank.

Ina: Danke.

Claudia Wronna: Dies war ein Podcast aus der Reihe „hörbar vielfältig.“ Dies ist ein Projekt des Fachdienstes Integration im Amt für Zuwanderung und Integration der Stadt Oldenburg. Aufnehmen durften wir den Podcast in der Freizeitstätte Bürgerfelde und bedanken uns insbesondere bei Nils Naumann und Felix Klostermann für die technische, herzliche und vor allem unkomplizierte Unterstützung. Hört gerne noch in unsere weiteren Podcastfolgen hinein, diese findet ihr hier. »

Zuletzt geändert am 8. Juli 2025